
Bundesregierung übermittelt nationale Daten zum Erhaltungszustand des Wolfs
… und rund 300 weiterer EU-weit geschützter Arten und Lebensräume an die EU-Kommission.
Quelle BMLEH und BMUKN; Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus; NABU Deutschland; Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenbu erschienen am 01.08.2025Gemeinsame Pressemitteilung BMUKN und BMLEH
Deutschland hat seinen Bericht zum Erhaltungszustand EU-weit geschützter Arten und Lebensräume fristgemäß zum 31. Juli 2025 an die Europäische Kommission übermittelt. Der Bericht umfasst die Entwicklung der Jahre 2019 bis 2024. Enthalten ist auch die Bewertung des Erhaltungszustandes des Wolfs.
Alpine biogeografische Region nicht bewertet
Die Bewertung betrifft insbesondere die für Deutschland wichtige kontinentale und atlantische biogeografische Region. Der Wolf wird in der alpinen biogeografischen Region nicht bewertet und wird daher für diese Region auch nicht im FFH-Bericht aufgeführt.
Atlantische Region mit „günstigem“ Zustand
Für die atlantische biogeografische Region wird die Bewertung des Erhaltungszustandes des Wolfs erstmals „günstig“ sein. Hier hat sich die Wolfspopulation in den letzten Jahren deutlich positiv entwickelt. Bei der Bewertung des Erhaltungszustandes in der kontinentalen biogeografischen Region sind das Bundesumweltministerium, das Bundeslandwirtschaftsministerium und die Ministerien der Länder übereingekommen, zunächst die Bewertung „unbekannt“ zu übermitteln. Diese Vorgehensweise ist der besonderen Dynamik der positiven Entwicklung des Wolfs in Deutschland und den geografischen Besonderheiten innerhalb der kontinentalen Region geschuldet. Deshalb sollen die Meldegrundlagen nun von den Bundesländern zusammen mit dem Bund überarbeitet werden. Auf dieser Basis erfolgt dann noch in diesem Jahr die Übersendung einer fachlich basierten Bewertung für den Wolf in der kontinentalen Region an die EU-Kommission.
Bewertung des Wolf-Erhaltungszustandes künftig auf Basis überarbeiteter Methodik
Bundesumweltminister Carsten Schneider:
„Die Daten aus Deutschland zeigen, dass der Wolf in einigen Teilen des Landes wieder verbreitet ist – so können wir auch erstmals für die atlantische biogeografische Region einen günstigen Erhaltungszustand melden. Der Bund wird die Länder im Rahmen einer Bund-Länder-AG unterstützen, um zu einer angepassten Methodik zur Bewertung des Erhaltungszustands zu kommen. So können wir besser abbilden, wie es regional unterschiedlich um den Wolf bestellt ist. Der jetzt eingeschlagene Weg kann dazu beitragen, dass den Interessen sowohl des Naturschutzes als auch der Tierhalter entsprochen werden kann.“
Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer:
„Weidehaltung ist gelebte Tradition und Naturschutz zugleich. Das muss weiter möglich sein. Mir ist wichtig, dass wir beim Wolf mit einer sachgerechten Bewertung auf Grundlage aktualisierter Parameter arbeiten. Unser gemeinsames Ziel ist es, die tatsächliche Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland differenziert und realitätsnah abzubilden. Die Einigung auf ein koordiniertes Vorgehen ist ein gutes Signal für eine konstruktive Zusammenarbeit von Umwelt- und Landwirtschaftsseite. Im nächsten Schritt stimmen wir die Änderung des Bundesjagdgesetzes ab. Ich will den Schutz der Weidetiere verbessern – auf dieses zentrale Vorhaben hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag verständigt, hierzu soll auch der Herdenschutz gestärkt werden.
Wir unterstützen den Herdenschutz und setzen den Vorschlag der EU-Kommission zur Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes in der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie unverzüglich in nationales Recht um. Mit den notwendigen Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sorgen wir für eine rechtssichere Entnahme von Wölfen. Wir nehmen den Wolf umgehend ins Jagdrecht auf.“
Hintergrund
Im Rahmen der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) übermitteln die Mitgliedstaaten regelmäßig an die EU-Kommission einen Bericht, in dem die Erhaltungszustände der in den Anhängen der Richtlinie gelisteten Lebensraumtypen und Arten bewertet werden. Die Bewertungen beziehen sich auf die drei in Deutschland vorkommenden biogeografischen Regionen (atlantisch, kontinental und alpin).
Eine abschließende Bewertung der oben genannten Erhaltungszustände soll nach Überarbeitung der Bewertungsgrundlagen im Herbst 2025 vorgelegt werden. Dabei ist vorgesehen, künftig von der Möglichkeit einer jährlichen Aktualisierung der Bewertung – wie von der EU-Kommission eingeräumt – Gebrauch zu machen. Zudem werden die nationalen Regelungen im Bundesjagd- und Bundesnaturschutzgesetz entsprechend angepasst. Dies betrifft insbesondere die rechtlichen Grundlagen für die rechtssichere und zeitnahe Entnahme von Problemwölfen.
Nachfolgend (gekürzte) Pressemitteilungen einiger Bundesländer und NGOs. Die Reihenfolge erfolgt nach dem Zufallsprinzip. Red.
Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus
Bejagung des Wolfs in ganz Deutschland: Bund muss beim günstigen Erhaltungszustand schnellstens nachbessern
Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber zum o.g. Bericht (gekürzt): „Die endlosen Debatten der letzten Jahre dürfen nicht fortgesetzt werden. Es ist längst bekannt, dass sich der Wolf in Deutschland mit besonderer Dynamik positiv entwickelt, der Bund hätte schon längst seine Bewertungsmethodik anpassen müssen. Außerdem hat er das staatenübergreifende Management vernachlässigt, das gerade für den Alpenraum so wichtig ist, obwohl er dessen Bedeutung aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kennt.“
„Bundesumweltminister Carsten Schneider muss nun schnellstmöglich diese Versäumnisse abstellen und bundeseinheitlich klare Verhältnisse schaffen. Wir dürfen auch die süddeutschen Bauern nicht gegen ihre norddeutschen Kollegen ausspielen. Wölfe kennen keine Landesgrenzen – also darf auch der Schutz unserer Weidetiere nicht an Landesgrenzen scheitern“, erklärt Ministerin Kaniber.
Änderung des Bundesjagdrechts ist der erste und richtige Schritt
Ministerin Kaniber begrüßt ausdrücklich die Ankündigung von Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer, den Wolf mit allen erforderlichen Regelungen für ein bundeseinheitliches Bestandsmanagement in das Bundesjagdrecht aufzunehmen. „Jetzt muss auch das Bundesumweltministerium liefern – und zwar unverzüglich“, so Kaniber.
„Wie viele Wölfe verträgt ein dicht besiedeltes Land wie Deutschland? Diese Frage muss der Bund endlich beantworten. Jagdminister Aiwanger verdreht die Rechtslage, wenn er verfassungsrechtlich riskante Experimente für das Landesrecht vorschlägt. Es wäre zielführender, sich einer sachlichen und lösungsorientierten Politik zuzuwenden“, betont Kaniber.
NABU Deutschland
Erhaltungszustand Wolf – kein politisches Wünsch-dir-was
Wie das Bundesumweltministerium und das Bundeslandwirtschaftsministerium in einer gemeinsamen Pressemitteilung am 31. Juli 2025 verkündeten, wird im aktuellen FFH-Bericht für den Wolf vorerst ein „unbekannter“ Erhaltungszustand nach Brüssel gemeldet. „Das ist sehr verwunderlich, hat Deutschland doch eines der besten Wolfsmonitorings in ganz Europa“, sagt Marie Neuwald, NABU-Wolfsexpertin.
Die Kategorie „unbekannt“ ist von der EU nur vorgesehen, falls die Datengrundlage für eine Bewertung nicht ausreichen sollte. Vielmehr verdeutlichen die Ministerien, dass um die Einordnung des Erhaltungszustands gerungen wird, und zwar politisch, nicht fachlich. Die letzten Jahre schon gab es eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die gemeinsam eine wissenschaftliche Methode zur Bestimmung des Erhaltungszustands entwickelt hat.
Nur das Ergebnis passt einigen Bundesländern nicht, nämlich dass die kontinentale Region noch als „ungünstig“ bewertet wird, da es in weiten Teilen Süd- und Westdeutschlands bisher nur sehr wenige Wölfe gibt. „Eine Methode so lange anzupassen, bis das Ergebnis für die eigenen Ziele passt, ist fachlich schlicht falsch. Artenschutz ist kein Wünsch-dir-was der Politik“, so Neuwald.
Und was ist mit dem Rest?
Verwunderlich ist zudem, dass in dieser gemeinsamen Pressemitteilung nur auf den Wolf eingegangen wird. Wie steht es um den Erhaltungszustand der immerhin 300 weiteren EU-weit geschützten Arten und Lebensräume? Der Wolf ist ein Positivbeispiel dafür, dass Artenschutz greift und sich ein Bestand verbessern kann. „Leider ist das für die meisten anderen Arten und Lebensräume bisher nicht der Fall. Darüber darf nicht hinweggesehen werden. Vielmehr braucht es mehr denn je gemeinsame Pläne von Naturschutz und Landwirtschaft. Die beiden hierfür zuständigen Ministerien sollten mit gutem Beispiel vorangehen, statt sich nur auf eine Art zu fokussieren“, fordert Neuwald.
Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern
Backhaus begrüßt bundesweiten Fortschritt beim Wolfsmanagement
Das Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern begrüßt die heutige [31. Juli 2025] Mitteilung der Bundesregierung zur Bewertung des Erhaltungszustands des Wolfs in Deutschland als wichtigen Durchbruch für ein sachgerechtes und praktikables Wolfsmanagement.
„Dass der Bund nun eine überarbeitete Methodik zur Bewertung des Erhaltungszustands des Wolfs mit den Ländern abstimmt, ist ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung“, sagte Umweltminister Dr. Till Backhaus. „Wir freuen uns, dass unsere Initiative, eine differenzierte und faktenbasierte Bewertung auf den Weg zu bringen, nun bundesweit Wirkung zeigt.“
Besonders begrüßt wird, dass die positiven Entwicklungen in der atlantischen Region nun als „günstig“ eingestuft werden und für die kontinentale Region eine aktualisierte Bewertung auf Basis belastbarer, regional differenzierter Daten erfolgen soll.
Für Mecklenburg-Vorpommern, das zur kontinentalen biogeografischen Region gehört, ist die angekündigte Überarbeitung von besonderer Bedeutung. Die heutige bundesweite Einstufung des Wolfs-Erhaltungszustands in dieser Region als „unbekannt“ ist der erste Schritt hin zu einer differenzierten Bewertung. Ziel ist es, noch im Herbst 2025 auf Grundlage aktualisierter Daten eine fachlich belastbare Einschätzung an die EU-Kommission zu übermitteln. Die vorgesehene Möglichkeit zur jährlichen Fortschreibung dieser Bewertung eröffnet auch für die Zukunft realitätsnahe und anpassungsfähige Lösungen.
Gleichzeitig bleibt der Bund in der Pflicht, nun zügig für eine rechtssichere und praktikable Entnahmelösung zu sorgen. Nur wenn klare rechtliche Grundlagen für die Entnahme von Problemwölfen geschaffen werden, kann das Vertrauen der Weidetierhalter in ein funktionierendes Wolfsmanagement gestärkt werden. Die angekündigten Anpassungen im Bundesnaturschutz- und Bundesjagdgesetz müssen nun rasch umgesetzt werden, damit Naturschutz und Weidetierhaltung gleichermaßen verlässlich geschützt werden können.
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