
Schäferin Musterman und die Hofnachfolge
Im Juli 2025 ist der Durchschnittspreis pro Kilo Lammfleisch Warmschlachtgewicht um 52 Cent gegenüber dem Vormonat gesunken. Auf der Kostenseite haben sich das Heu um 4,36 Euro/Tonne Rundballen und der Diesel um fast 2,7 Cent/Liter verteuert. Insgesamt hat sich das Ergebnis vom Juli um knapp 3 660 Euro gegenüber dem Vormonat verschlechtert. Beim Jahresvergleich blieben dieses Jahr allerdings weiterhin fast 5 928 Euro mehr unterm Strich als 2024, wenn die Julipreise der beiden Jahre jeweils übers ganze Jahr gelten würden (Tabellen).
Die Folgen der Hofabgabeklausel
Frau Musterman beschäftigt immer noch der Plan der Europäische Union, mit dem diese den Generationswechsel erleichtern will: Bewirtschafter, die nationale Renten beziehen, sollen keine Einkommensstützung mehr erhalten (Schafzucht 17/2025, S. 39). In Deutschland gab es jahrzehntelang eine ähnliche Klausel. Diese wurde 2018 vom Bundesverfassungsgericht gekippt, weil sie in die Eigentumsfreiheit eingreift und verfassungswidrig ist, wenn sie „in unzumutbarer Weise Einkünfte entzieht, die zur Ergänzung einer als Teilsicherung ausgestalteten Rente notwendig sind“ (Pressemitteilung Nr. 68/2018 vom 9. August 2018).
Nennenswerte Steigerungen der Hofnachfolgezahlen scheint die Klausel nicht bewirkt zu haben. Beispiel Baden-Württemberg: Dort sank zwischen 1999 und 2010 die Zahl der Höfe mit über 45 Jahre alten Betriebsleitern und gesicherter Nachfolge von 29 % auf 23 %. Im gleichen Zeitraum verringerte sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe um 27 %. Die Hofklausel begünstigte also eher den Strukturwandel als den Generationswechsel (Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2011).
Gründe für die geringe Hofnachfolge
Etliche Quellen schildern Generationskonflikte bei der Hofübergabe. Allerdings scheint das nicht der Hauptgrund für die niedrigen Hofnachfolgezahlen zu sein. Oft haben die eigenen Kinder andere Interessen oder suchen höhere Verdienstmöglichkeiten mit besserer Work-Life-Balance. Laut einer Studie in Bayern finden größere Höfe eher einen Nachfolger als kleinere und Haupterwerbsbetriebe leichter als Nebenerwerbsbetriebe. Bei Schaf- und Ziegenhaltern sind die wichtigsten Nachfolgehemmnisse der zunehmende bürokratische Aufwand, gefolgt von niedrigen Produktpreisen und den schwankenden politischen Rahmenbedingungen (www.hswt.de/forschung/projekt/1459-hofnachfolge-in-bayern).
Hofnachfolge braucht positive Perspektiven
Wenn der Europäischen Union am Generationswechsel und dem Erhalt von Weidetierhaltungen und kleinbäuerlichen Betrieben gelegen ist, sollte sie stabile bürokratische, wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen schaffen, die solche Strukturen erhalten und nachhaltige Bewirtschaftungsansätze fördern. Dafür sollten sich deutsche Politiker und Verbände bei den anstehenden Verhandlungen der EU-Haushaltsvorschläge einsetzen sowie gegen eine erneute Hofabgabeklausel, die den Strukturwandel in der EU weiter vorantreibt.
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