
Frage und Antwort
Sie fragen – unsere Tierärzte antworten
von Dr. Henrik Wagner, Dr. Hannah Hümmelchen, Dr. Lisa Ulrich (Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde, 35392 Gießen)
erschienen am 09.12.2025
Gibt es eine „sterile Mastitis“ ? Unsere dreijährige BDE-Ziege hat bereits bei der ersten Laktation 2024 und erneut im Juni dieses Jahres, acht Wochen nach Entbindung von Drillingen eine Mastitis entwickelt, die mit Antibiose und Antiphlogistika (entzündungshemmende Medikamente) behandelt wurde. Noch über Wochen waren auf der betroffenen Seite des Euters knotige Veränderungen tastbar. Seither findet sich im zwei- bis dreiwöchigen Rhythmus eine Veränderung der Milch der betroffenen Euterhälfte (nicht überwärmt, nicht schmerzhaft) in Form eines gelblich (fibrinösen?) Bodensatzes ohne Veränderung von Geruch oder Geschmack, die ca. zwei bis drei Tage zu beobachten ist. Insgesamt drei Milchproben waren steril ohne Erregernachweis, das Tier wirkt gesund, kein Fieber oder ähnliches, Blutuntersuchungen auf CAE, PseudoTB und BTV negativ. Entwurmung wurde (durch Kotproben bestätigt) erfolgreich durchgeführt. Haben Sie eine Erklärung und ggf. einen Therapievorschlag für diese Symptomatik?
Unter einer sterilen Mastitis versteht man eine entzündliche Reaktion des Eutergewebes, bei der keine bakteriellen Erreger nachweisbar sind. Diese Form entsteht häufig nach einer abgelaufenen Infektion, wenn zwar die Keime eliminiert wurden, jedoch chronisch-entzündliche oder narbige Veränderungen im Bindegewebe des Euters zurückbleiben. In solchen Fällen kann es immer wieder zur Freisetzung kleiner Mengen zellulären oder fibrinösen Materials kommen, das in der Milch als Bodensatz sichtbar wird. Auch eine Beteiligung schwer nachweisbarer Erreger ist grundsätzlich möglich. Dazu zählt z.B. die Mastitis interstitialis fibrosa bzw. kontagiöse Agalaktie, hervorgerufen durch Mycoplasma agalactiae, Mycoplasma capricolum ssp. capricolum oder Mycoplasma mycoides ssp. capri.
Die Tiere zeigen zu Beginn der Erkrankung eine Fieberphase mit einem Milchrückgang und einer Veränderung der Milchkonsistenz. Oft treten auch Bindehautentzündungen und Lahmheiten in Verbindung mit diesen Erregern auf. Die Untersuchung auf Mycoplasmen muss speziell angefordert werden. Dazu steht unter anderem auch ein PCR-Verfahren zur Verfügung.
Zur weiteren Abklärung kann eine zytologische Untersuchung des Milchsediments und eine Ultraschalluntersuchung des Eutergewebes Aufschluss über den Grad der Gewebeveränderung geben. Die Zytologie kann helfen, die Bestandteile des Sediments zu bestimmen. In der Ultraschalluntersuchung können narbige Veränderungen, Zysten und Abszesse dargestellt werden.
Eine erneute antibiotische Behandlung sollte nach jetzigem Befund nicht durchgeführt werden, da keine aktive bakterielle Infektion vorliegt. Die Therapie sollte sich auf konservative Maßnahmen beschränken: vollständiges und regelmäßiges Ausmelken und eine sorgfältige, hygienische Melktechnik.
Wie kann eine Ketose festgestellt werden? Was kann ich als Halter dagegen tun?
Die Trächtigkeitstoxikose, auch Gestationsketose genannt, tritt bei Schafen und Ziegen vor allem im letzten Drittel der Trächtigkeit, ca. ab dem 120 Trächtigkeitstag, auf. In dieser Zeit steigt der Energiebedarf deutlich an, während das Wachstum der Lämmer gleichzeitig den Platz im Bauchraum verringert und die Futteraufnahme einschränkt.
Kann dieser erhöhte Energiebedarf nicht über die Fütterung gedeckt werden, beginnt das Mutterschaf Körperfett abzubauen, um dieses als Energielieferant zu nutzen. Dabei entstehen Ketonkörper, welche für die klinischen Symptome verantwortlich sind. Betroffene Tiere fallen durch verminderten Appetit, Zurückbleiben hinter der Herde und Muskelschwäche auf, die zum Festliegen, zu Krampfanfällen oder sogar zum Koma führen kann. Um eine Ketose festzustellen, kann Beta-Hydroxybutyrat (BHB) im Blut und im Urin gemessen werden. Dazu eignen sich unter anderem die Ketosetests vom Rind.
Die Behandlung besteht in der schnellen Energiezufuhr, zum Beispiel durch die orale Gabe von Na-Propionat oder Propylenglykol im frühen Stadium. In fortgeschrittenen Fällen sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden. Um die Erkrankung zu vermeiden, sollten nur Mutterschafe mit guter Körperkondition und ohne Vorerkrankungen belegt werden. Die Fütterung sollte z.B. durch die Zugabe von Kraftfutter ab dem 100. Trächtigkeitstag angepasst werden. Eine Ultraschalluntersuchung zwischen dem 50. und 70. Tag nach der Belegung ermöglicht zudem eine gezielte Fütterungsanpassung je nach Lämmeranzahl.
Tritt eine Ketose in den ersten zwei Monaten nach der Geburt auf, spricht man in der Regel von einer Laktationsketose, welche zu einer verminderten Futteraufnahme und einem Milchrückgang führt.
Was sind Gründe für eine zu geringe Milchproduktion der Mutterschafe?
Die Gründe für eine geringe Milchleistung beim Schaf sind vielfältig. Neben einer schlechten Nährstoff- und Energieversorgung stehen jedoch vor allem Infektionserreger im Vordergrund. Dazu zählen Erreger, welche insbesondere eine interstitielle oder atrophische Mastitis hervorrufen, wie das Maedi/Visna-Virus, Brucellen, Listerien und Mycoplasmen. Bei einer interstitiellen Mastitis ist das Bindegewebe des Euters betroffen, bei einer atrophischen Mastitis kommt es zu einer Rückbildung des Euterdrüsengewebes. Im Vordergrund bei diesen Krankheitsbildern steht, dass die Euterhaut sowie das Milchsekret in der Regel unverändert sind. Es kommt zu einer Verfestigung bzw. Atrophie (Gewebeschwund) des Drüsengewebes mit verminderter Milchleistung.
Kontakt für ihre Fragen
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