Für den Wolf ist nicht genug Platz
Das Thema Wolf lässt die Menschen nicht mehr los. Immer häufiger liest oder hört man in den Medien von neuen Übergriffen auf Nutztiere. Allein im Nordschwarzwald hat ein einziger Wolf im letzten Jahr 49 Tiere getötet. Die Landwirte fürchten um ihre Tiere, denn bei dem einen Wolf wird es vermutlich nicht bleiben.
- Veröffentlicht am

Weidehaltung spielt im Nordschwarzwald eine wichtige Rolle. Viele Gebiete erlauben aufgrund ihrer Lage keinen Ackerbau oder sind mit Maschinen nicht befahrbar. Die Beweidung durch Kühe, Schafe oder Ziegen stellt oft die einzige Möglichkeit der Landschafts- und Naturschutzpflege dar. Um die Landwirte über wirksame Schutzmaßnahmen und in Versicherungsfragen zu informieren, veranstaltete der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) am 20. Februar 2019 eine Fachtagung zum Thema Wolf und Weidehaltung.
Jedes Jahr 36 Prozent
Die Zahl der Wölfe in Deutschland nimmt zu. „Dort wo der Wolf Nahrung findet, wächst seine Population jährlich um 36 Prozent. Entsprechend vergrößert sich auch sein Verbreitungsgebiet“, berichtete Friedrich Noltenius, Experte für Wolf und Naturschutz aus Sachsen. Er ist sich sicher, dass es auch in Baden-Württemberg nicht bei dem einen Wolf bleibt. „Die Frage ist, ob und wie viel Wolf im Ländle geht“, sagte Noltenius. Die Annahme, dass der Wolf ein großes Rückzugsgebiet braucht, um sich fortzupflanzen, hat sich laut dem Wolfsexperten als falsch erwiesen. Das angeblich so scheue Raubtier finde sich in der hiesigen Landschaft gut zurecht und komme mit der Nähe des Meschens besser klar, als der Mensch mit ihm.
„Der Wolf ist keine gefährdete Art mehr in Deutschland, auch wenn er streng geschützt ist“, meinte Noltenius. Daher sollten sich Wölfe auch nicht in Regionen, wo sie erhebliche Schäden anrichten, ungebremst vermehren können, sondern müssten zurückgedrängt werden. Ein flächendeckender Herdenschutz sei für die Landwirte nicht bezahlbar und in vielen Regionen Baden-Württemberg nicht möglich.
Auch für Felician Schäfer aus Schömberg-Schörzingen im Zollernalbkreis wäre ein flächendeckender Herdenschutz nicht realisierbar. Seine Mutterkühe und Kälber beweiden zwei Drittel des Jahres hauptsächlich Steil- und Hanglagen. Etwa 50 Prozent der Weiden sind nicht mit Maschinen befahrbar. Diese Flächen zu umzäunen wäre für den jungen Landwirt extrem arbeitsaufwendig. „Die Weideflächen müssten zunächst rundherum freigemäht werden, da die unterste Litze nur 20 Zentimeter über dem Boden laufen darf. Allein diese Arbeit würde mich im Jahr 3000 Euro kosten, ohne dass ich die Materialkosten für Zäune mit einberechne.“
Förderung vom Land
Micha Herdtfelder von der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg berichtete, dass in 80 bis 90 Prozent der Fälle Schafe und Ziegen von Wölfen angegriffen werden. Während die Zahl der Übergriffe auf Rinder im Jahr 2006 noch bei Null lag, sei die Tendenz nun steigend. Laut Herdtfelder ist vor allem die Größe der Rasse entscheidend für das Risiko eines Angriffs. Aber auch wie wehrhaft und erfahren eine Herde ist, spielt eine Rolle. Junge und verletzte Tiere werden häufiger angegriffen als ältere Tiere. Besonders die ersten vier Lebenswochen eines Kalbes sei ein kritischer Zeitpunkt oder, wenn die Kuh sich zum Kalben von der Herde absondert.
Für den Fall, dass es bereits zu einem Wolfsangriff auf Nutztiere kam, verweist Herdtfelder auf die Entschädigungsfonds des Landes. „Rinder- und Pferdehalter im Fördergebiet werden uneingeschränkt entschädigt, anders sieht es ab Sommer 2019 bei Schaf- und Ziegenhaltern aus. Hier verlangt das Land einen gewissen Grundschutz, ohne den es keine Entschädigung gibt“, erklärte Herdtfelder. Jedoch könnten Halter von Schafen, Ziegen und Gatterwild Zuschüsse für Zäune, Elektrozaungeräte, Flatterbände und dauerhaft installierte Erdungsstäbe beantragen.
Haftpflicht muss sein
Isabel Küperkoch von der LBV Unternehmensberatungsdienste GmbH erklärte, wie wichtig der Versicherungsschutz im Falle eines Wolfangriffes für die Landwirte ist. Besonders dann, wenn es aus den Entschädigungsfonds kein Geld mehr geben würde. Unterscheiden müsse man zwischen zwei verschiedenen Versicherungsarten, die die Schäden an den eigenen Tieren betreffen und die Schäden, die dritte Personen betreffen. Von Tierversicherungen rät sie ab, diese würden nur den Bestand der Herde an sich schützen, nicht aber das Einzeltier. Außerdem sei die Selbstbeteiligung oft höher, als der Schaden. „Am wichtigsten von allen Versicherungen ist eine gute Haftpflichtversicherung“, betonte Küperkoch.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.