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Wolf und Weidetierhaltung

VDL: Den Worten müssen endlich Taten folgen

Alfons Gimber, Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL), ­fordert die Politik beim Thema Wolf zum Handeln auf. Er nimmt zu den wiederholten Äußerungen zum Wolf und dem aktuellen Antrag im Plenum des Deutschen Bundestags „Menschen und Weidetiere schützen“ Stellung.

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Frauke Muth
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Das Europäische Parlament, die EU-Kommissionspräsidentin, der Deutsche Bundestag, die Bundesumweltministerin, die Ministerpräsidentenkonferenz, die Umweltministerkonferenz und aktuell die Agrarministerkonferenz – alle melden sich zum Thema Wolf mit vielen Vorschlägen zu Wort. Das ist gut so, nur blieb das entsprechende Handeln bisher aus.

Wir wissen es zu schätzen, dass in Deutschland allein 2022 über 18 Mio. Euro für den Herdenschutz zur Verfügung gestellt wurden. Aber wir wissen auch, dass es keine hundertprozentige Sicherheit vor dem Wolf gibt. Trotz der Förderung und der unzähligen Eigenmaßnahmen der Schafhalter wurden 2022 bei 1136 Wolfsübergriffen 3778 Schafe getötet. Fast täglich müssen wir neue Risse von Weidetieren zur Kenntnis nehmen.

Herdenschutz muss zumutbar ein

Der Herdenschutz muss nicht nur finanzierbar, sondern auch zumutbar sein. 1,20 m hohe Netze sind für Tierhalter unzumutbar, welche großflächig wirtschaften und ihre Tiere oft umtreiben, oder bei Wanderschäfern, welche täglich neue Nachtpferche aufbauen. Hinzu kommt, dass diese Zäune auf Flächen mit felsigen, nassen und sandigen Böden nicht praxistauglich aufgebaut werden können – insbesondere wenn mit einer höheren Windlast zu rechnen ist. Nur wenige Schafhalter haben die Möglichkeit, ihre Tiere jeden Abend in den Stall zu bringen. Ein personeller Schutz über Nacht ist weder finanziell noch personell leistbar und würde die Schäfer nur weiter in die Selbstausbeutung treiben. Denn mit einem Stundenlohn von ca. 6 Euro liegen sie bereits jetzt deutlich unter dem Mindestlohn und stehen am unteren Ende der Einkommensskala.

Spielraum bei der Gesetzgebung nutzen

Aus Brüssel war wiederholt zu hören, dass die Mitgliedstaaten ihren Gestaltungsspielraum bei der Gesetzgebung nutzen sollten. Aber die Bundesumweltministerin hat erst im Februar 2023 in einem Schreiben an die EU-Kommission ihre ablehnende Haltung gegenüber einer Regeländerung deutlich gemacht. Nachdem bereits die letzte Bundesregierung ihre Koalitionsvereinbarung zum Wolf nicht umgesetzt hat, sollte doch die aktuelle Bundesregierung konkrete Taten folgen lassen. Leider gibt es bis jetzt keine Anzeichen dafür, durch eine Überarbeitung der Monitoringstandards die Anzahl der in Deutschland lebenden Wölfe realitätsgetreu abzubilden und den Ländern europarechtskonform ein regional differenziertes Bestandsmanagement zu ermöglichen. Die Auftaktveranstaltung der Bundesumweltministerin zur Dialogreihe Wolf wirkte eher wie eine Alibiveranstaltung, auf der jeder einmal etwas sagen durfte. Damit man nachher sagen kann, ihr wart doch beteiligt.

Praxisleitfaden Wolf muss dringend überarbeitet werden

Die von Ministerin Steffi Lemke angekündigte Überarbeitung des Praxisleitfadens Wolf, die zu einer erhöhten Entnahme übergriffiger Wölfe führen soll, ist dringend notwendig. Bisher war der Leitfaden – eingeführt, um die sinnvolle und von uns als richtiger erster Schritt begrüßte Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes praxisnah zu ermöglichen – eher ein Bremsklotz und führte dazu, dass Behörden sich mit der Ablehnung von Entnahmegenehmigungen auf der sicheren Seite fühlten.

Wir brauchen endlich ein Umdenken, damit wir vom reinen Reaktionsmanagement zu einem Bestandsmanagement beim Wolf kommen. Sein guter Erhaltungszustand in Deutschland mit 161 Rudeln, 43 Wolfspaaren und 21 territorialen Einzelwölfen dürfte kaum zu bezweifeln sein. Andere Staaten in Europa machen uns längst vor, dass ein Management und Entnahmen unter strenger Kontrolle möglich sind.

Wir brauchen endlich Taten

Der aktuelle Antrag für die Bundestags-Plenumssitzung „Menschen und Weidetiere schützen“ am Freitag, dem 22. September 2023, sollte ohne parteipolitische Grabenkämpfe genutzt werden, um in der Sache zur Sicherstellung einer Zukunftsperspektive für die nächste Generation von Schafhaltern einen deutlichen Schritt weiterzukommen. Zu viele Schafhalter beenden ihre – eigentlich doch gesellschaftlich gewünschte – Weidetierhaltung, weil sie es leid sind, bei sehr bescheidenen Einkommen noch den Vorwurf zu ertragen, dass sie unfähig sind, Herdenschutz zu betreiben. Die Zahl der vorhandenen Wölfe und ihre ungebremsten Übergriffe trotz Herdenschutz sollten den Worten endlich Taten folgen lassen.

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