Wolfsrückkehr für Schafhalter kein Grund zum Feiern
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„Seit einigen Jahren feiern der NABU und ihm nahestehende Organisationen den 30. April als Tag des Wolfes. Die Schaf- und Ziegenhalter in unserem Land können die Freude über die Rückkehr des Wolfes nicht teilen", sagt Susanne Petersen, Vorsitzende des Landesschaf- und Ziegenzuchtverbandes Mecklenburg-Vorpommern.
Spätestens seit der Verabschiedung der FFH-Richtlinie 1992 steht der Wolf unter einem hohen rechtlichen Schutz. Dieser Schutz führte zu einer Rückkehr des Wolfes in ganz Deutschland, was aus Sicht des Artenschutzes sicher zu begrüßen sei. "Wir Tierhalter akzeptieren dies und müssen uns damit arrangieren. Diese Koexistenz bedeutet für uns aber auch, dass nicht nur eine Seite die Auswirkungen der Rückkehr zu tragen hat", so Petersen.
Situation in Mecklenburg-Vorpommern
Seit 2006 gilt der Wolf als in Mecklenburg-Vorpommern kontinuierlich nachgewiesen. Im Monitoringjahr (01.05.-30.04) 2019/2020 gab es hier acht Rudel, fünf Wolfspaare und einen territorialen Einzelwolf. Im März 2022 waren es 16 Rudel, zwei Wolfspaare und drei territoriale Einzelwölfe. Drei weitere vermutete neue Vorkommen konnten bisher noch nicht abschließend nachgewiesen werden. Während von 2007 – 2020 248 wolfsbedingte Rissvorfälle mit 904 getöteten und 308 verletzten Tieren gezählt wurden, waren es alleine 2021 57 Rissvorfälle mit 184 getöteten und 46 verletzten Tieren.
Wolfsmanagementplan M-V
Das Umweltministerium hat 2010 einen ersten Wolfsmanagementplan aufgelegt, der im letzten Jahr aktualisiert wurde. Seit 2013 werden über eine Richtlinie Präventionsmaßnahmen und Schadensausgleich gefördert, seit 2022 auch laufende Kosten für den Arbeitsaufwand und den Unterhalt von Herdenschutzhunden. Im Jahr 2020 wurde für Prävention 572.000 Euro und für Schadensausgleich bei 102 Übergriffen 39.330 Euro gezahlt. "Das wissen wir zu schätzen", betont die Vorsitzende, "aber es sind weitere Maßnahmen dringend erforderlich. Wir unternehmen alles, um unsere Tiere zu schützen, müssen aber feststellen, dass wir uns in einer Aufrüstungsspirale befinden, denn hundertprozentiger Herdenschutz ist nicht möglich."
Susanne Petersen erklärt dazu erdringlich: "Schon jetzt wird von uns erwartet, dass wir Rissvorkommen emotional und finanziell wegstecken, dass wir beim Bau und Umsetzen unserer Zäune ständig an unsere körperlichen und auch organisatorischen Grenzen stoßen und dass wir den Einsatz von Herdenschutzhunden in unsere Betriebsabläufe integrieren. Letzteres ist nicht immer möglich und schon gar nicht einfach, denn selbstverständlich müssen wir dabei die Belange des Tierschutzes beachten, unsere Verantwortung wahrnehmen und diese Belastungen psychisch verkraften. Herdenschutzhunde bleiben nach ihrer Anschaffung ihr Leben lang im Betrieb, egal ob sie sich als zuverlässig und nützlich erweisen oder nicht!"
Grundschutz gegeben
Nach Rissvorfällen müssten sich die Tierhalter oft anhören, sie hätten doch nur vernünftigen Herdenschutz betreiben müssen und alles wäre gut. Die Wölfe lernen aber auch dazu und die Attacken werden dreister. Für 2021 wurde in Mecklenburg-Vorpommern bei Übergriffen in der deutlichen Mehrzahl der Fälle der geforderte Grundschutz, ein erweiterter Grundschutz oder die Zäunung gemäß guter fachlicher Praxis festgestellt.
Der Erhalt von beweidetem Grünland sei für die Förderung der Artenvielfalt von Wildpflanzen und Wildtieren unabdingbar, so die Vorsitzende, die selber Schafhalterin ist. "Nur wenn es weiterhin Weidetiere gibt, wird unsere gewachsene Kulturlandschaft ihre vielfältige Zusammensetzung behalten. Aber: Weidetierhaltung muss zumutbar bleiben!"
Die Grenzen der Machbarkeit
"Die Leistungen unserer Schafe und Ziegen beim Küstenschutz, bei der Landschaftspflege, beim Biotop- und Umweltschutz werden von Politik und Gesellschaft in sogenannten Sonntagsreden ebenso anerkannt wie die umweltgerechte Produktion von Lammfleisch, Milch und Wolle. Viele Betriebe, die naturverbunden und abseits von Massentierhaltung Schafhaltung betreiben, müssen dabei ein Einkommen für ihre Familien erwirtschaften. Hier stoßen wir an die Grenzen der schieren Machbarkeit!"
Forderungen an die Landesregierung
Für Ihr Bundesland fordert Susanne Petersen: "Wir fordern von der Landesregierung, die bisherigen Leistungen fortzuführen und, wo möglich, auszubauen. Gleichzeitig sind die bürokratischen Hürden zur Entnahme von Wölfen, wie sie z. B. durch den Praxisleitfaden Wolf im letzten Jahr eingeführt wurden, zu beseitigen. Die bisherigen Vorgaben sind eher geeignet, eine Entnahme zu verhindern. Auf Bundesebene muss sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass die Bundesregierung endlich die FFH-Richtlinie konkret in das Bundesnaturschutzgesetz übernimmt, der gute Erhaltungszustand des Wolfes festgestellt wird und den Ländern im Rahmen eines regional differenzierten Bestandsmanagements Entnahmemöglichkeiten eingeräumt werden.“
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