Forderung zur EU-weiten Änderung der Habitat-Richtlinie
Laut der landwirtschaftlichen Dachorganisationen in der Europäischen Union Copa-Cogeca ist ein strenger Schutz gemäß der Habitat-Richtlinie für einige Arten großer Beutegreifer nicht länger erforderlich, da sie nicht mehr als bedroht oder potenziell bedroht eingestuft werden. Diese Populationen stehen jedoch weiter auf der Liste der streng geschützten Arten.
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Das Europäische Parlament habe die Kommission zwar dazu aufgerufen, ein Verfahren zur Änderung der Anhänge der Richtlinie einzuleiten, wie es in einem solchen Fall vorgesehen sei, aber diesem Aufruf seien keine Taten gefolgt.
Aufgrund der aktuellen erfolgreichen Erhaltungsmaßnahmen verursachen bestimmte Populationen großer Beutegreifer jedoch zunehmend Konflikte, was durch anspruchsvolle gesetzliche Rahmenvorgaben noch verschärft werde, so Copa-Cogeca. In vielen Fällen verhindere die gesetzliche Auslegung der Bezeichnung „streng geschützt“ die Umsetzung eines aktiven Bestandsmanagements der Arten, welches dabei helfen könne, ernsthafte Konflikte mit Nutztieren, Menschen und artenreichen Landschaften zu verringern. "Diese Konflikte erhöhen den bereits bestehenden Druck auf die Interessen des ländlichen Lebens", betonen die Dachorganisationen.
Zunahme großer Beutegreifer führt zu hohen Kosten
Mit der Zunahme der großen Beutegreifer gehen zunehmende Angst und vermehrte Angriffe auf Nutztiere einher. Französische Landwirte berichten für das Jahr 2020 von 9.872 durch die nationale Wolfspopulation getöteten Tieren, darunter hauptsächlich Schafe. In Spanien kam es im selben Zeitraum zu über 5.000 Rissen.
Die Kompensationskosten belaufen sich auf über 28,5 Mio. Euro pro Jahr für Schäden an Tieren und Eigentum. Die durchschnittlichen Kosten pro Beutegreifer betragen 2.400 Euro für Wölfe und 1.800 Euro für Bären.
Seit Beginn des LIFE-Programms 1992 wurden Projekten zur Prävention und Abmilderung der durch große Beutegreifer verursachten Schäden über 88 Mio. Euro zugewiesen und weitere 36 Mio. Euro werden gegenwärtig in laufende Projekte investiert.
Das LIFE-Programm ist das Finanzierungsinstrument der EU für Umwelt- und Klimapolitik. Seit 1992 wurden so mehr als 5.500 Projekte überall in der EU und in Drittländern mitfinanziert. Für den Zeitraum 2021-2027 ist das LIFE-Programm mit 5,4 Mrd. Euro ausgestattet.
Konflikte mit Landwirtschaft und Natur
Die zunehmenden Angriffe auf die Lebensgrundlage der Landwirte stellt in einigen der am stärksten gefährdeten Regionen Europas ein ernsthaftes Risiko für die Landwirtschaft dar, insbesondere in den Berggebieten.
Die ergriffenen präventiven Schutzmaßnahmen nehmen nach Ansicht von Copa-Cogeca für die Landbewohner und Landwirte viel Zeit, Geld und Arbeit in Anspruch. "Oft richten diese Maßnahmen – darunter Schutzzäune, Alarmsysteme, Aufstallung und Schutzhunde – jedoch mehr Schaden als Nutzen an, im Hinblick auf den Schutz und die Regeneration der artenreichen Lebensräume."
Die extensive Weidewirtschaft sei eine Praxis, die weitgehend im Einklang mit ihrer Umgebung und dem natürlichen Lebensraum, den sie nutzt, betrieben werde. Als solche sei sie von zentraler Bedeutung für den Erhalt und die Wiederherstellung der offenen Landschaften in Europas entlegensten Gebieten.
Es sei daher von essenzieller Bedeutung sicherzustellen, dass diese Regionen und die ländlichen Akteure auch weiterhin einen bedeutenden Beitrag zu Umweltschutz, Verhinderung von Erosion und dem unbezahlbaren Kapital der artenreichen Landschaften leisten.
Forderung nach aktiver Regulierung
Daher müssten die Mitgliedstaaten die Erlaubnis haben, den Bestand an großen Beutegreifern aktiv zu regulieren, fordert Copa-Cogeca. Auf eine Art und Weise, die es ermögliche, ihren günstigen Erhaltungszustand zu bewahren sowie die Erhaltung anderer Wildtierarten und anderer Landnutzungsaktivitäten zu gewährleisten, einschließlich Jagd und Jagdwild-Bestandsmanagement.
Die Habitat-Richtlinie sehe eine gesetzliche Verpflichtung zur Aktualisierung der Anhänge vor, um den Schutzstatus der Arten entsprechend der Entwicklungen der Populationen in Europa anzupassen.
Diese Verpflichtung komme in Artikel 19 zum Ausdruck: „Die Änderungen, die zur Anpassung der Anhänge I, II, III, V und VI an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt erforderlich sind, werden vom Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit beschlossen. Die Änderungen, die zur Anpassung des Anhangs IV an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt erforderlich sind, werden vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig beschlossen.“
Verstoß gegen gesetzliche Anforderungen der Richtlinie
Die Europäische Kommission habe die politische Entscheidung getroffen, die notwendigen Vorschläge für die Anpassung der Anhänge in Bezug auf die günstige Entwicklung der Populationen nicht vorzulegen. Dies stelle einen klaren Verstoß gegen die gesetzlichen Anforderungen der Richtlinie dar, kritisiert Copa-Cogeca.
Die Folge der Position der Kommission sei, dass es sich für die Mitgliedstaaten zunehmend schwierig gestalte, ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie zu erfüllen – d. h. die Erhaltung und die nachhaltige Regulierung dieser Arten bei gleichzeitiger Berücksichtigung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Konflikte.
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