Konflikte um den Stromtrassenbau verschärfen sich
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Die Kläger sind Eigentümer von Hofstellen und landwirtschaftlichen Nutzflächen oder von Wohngrundstücken im Außenbereich, die für die Leitung als Maststandorte in Anspruch genommen oder von der Leitung überspannt werden sollen. Der für Energiefragen zuständige niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel widersprach derweil in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion der Ansicht des Landvolkes Niedersachsens, das beim Leitungsbau kein naturschutzfachlicher Ausgleichsbedarf bestehe. Der Grünen-Politiker steht aber einer Weiterentwicklung des Entschädigungssystems offen gegenüber. Das Landvolk selbst sieht durch die Erdverkabelung die dauerhaften Lasten der Landwirtschaft aufgebürdet. Thüringens Landwirtschaftsministerin Birgit Keller warnte derweil vor Entwicklungsdefiziten im Freistaat durch weitere Ausbauvorhaben.
Trassenalternativen schließen sich aus
Die Landwirte beantragten bei dem Rechtsstreit die Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse und machten insbesondere geltend, dass Trassenalternativen durch das Vogelschutzgebiet „Dümmer“, die ihre Eigentümer- und Gesundheitsinteressen nicht oder in geringerem Maße beeinträchtigten, im Planfeststellungsverfahren nicht ordnungsgemäß geprüft und zu Unrecht ausgeschlossen worden seien. Das Bundesverwaltungsgericht widersprach dieser Darstellung. Eine fehlerhafte Abwägung der Trassenalternativen liege allein deshalb nicht vor, weil die von den Klägern bevorzugten Trassen mit dem Schutz des Vogelschutzgebiets „Dümmer“ nicht vereinbar seien und daher bereits aus Rechtsgründen als Trassenalternativen auszuschließen gewesen seien, so die Leipziger Richter. Den Gesundheitsschutz der Kläger hat das Bundesverwaltungsgericht als gewährleistet angesehen. Für eine fehlerhafte Abwägung der Eigentümerbelange im Übrigen fehlten hinreichende Anhaltspunkte. Die geplante Freileitung ist Teil der in den Bedarfsplan zum Energieleitungs-Ausbaugesetz (EnLAG) aufgenommenen Höchstspannungs-Freileitung Ganderkesee-Wehrendorf.
AbL rät Landwirte zur Absicherung
Landvolk-Vizepräsident Ulrich Löhr warb für ein faires Miteinander bei der weiteren Planung der geplanten Stromtrassen. Die Landwirte zählten mit ihren Flächen zu dem am stärksten betroffenen Personenkreis. Deshalb sei die Landwirtschaft bei den sogenannten Antragskonferenzen der Bundesnetzagentur zu SuedLink stark vertreten. Es gehe nun darum, den Flächenverbrauch und die Auswirkungen der Leitungen so weit wie möglich zu minimieren. Der Landesverband Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) forderte erneut vollständige Transparenz, einen schonenden Umgang mit Böden und eine „faire Entschädigung“ beim Netzausbau. Nur so sei die Akzeptanz der betroffenen Landwirte zu erreichen, die zu Recht auf jahrzehntelang geringere Erträge und Grundstückswerte infolge von Bodengefügeveränderungen, Zerschneidungen von Dränagen, Bodenerwärmung und Nutzungseinschränkungen hinwiesen. AbL-Landesverbandsprecher Eckehard Niemann rief die Landwirte auf, sich rechtzeitig rechtlich und gutachterlich abzusichern und die Zusammenarbeit mit Berufsverbänden und Bürgerinitiativen zu suchen.
Thüringen leistet schon enorm
Minister Wenzel ging in seiner Antwort auf das eingereichte Punktepapier des Landvolkes ein. Unter anderem versicherte er, dass die Landesregierung einer punktuell verbesserten Entschädigung von Privateigentümern grundsätzlich aufgeschlossen gegenüberstehe. Allerdings sei jedoch nur eine länderübergreifende, bundeseinheitliche Regelung zielführend. Zudem dürfe man die Belastungen der Stromkunden nicht aus dem Auge verlieren. Hinsichtlich des naturschutzfachlichen Ausgleichsbedarfs verwies Wenzel auf die zuständige Zulassungsbehörde im Benehmen mit den jeweils zuständigen Naturschutzbehörden, die im Einzelfall prüften, ob ein Eingriff vorliege oder nicht. In bestimmten Fällen könne es auch zu einer Ersatzzahlung kommen, räumte der Minister ein. Vor „unverhältnismäßigen Belastungen einzelner Regionen und der Umwelt“ warnte indes das Thüringer Landwirtschaftsministerium. Der Freistaat leistet mit der Thüringer Strombrücke und Planungen für Vorhaben der Netzverstärkung sowie Pumpspeicherwerke bereits einen enormen Beitrag zum Gelingen der Energiewende, betonte Ressortchefin Keller.
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