Gebremstes Wachstum am EU-Fleischmarkt
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Die Aussichten für das laufende und das kommende Jahr beurteilt die EU-Kommission in einem kürzlich veröffentlichten Marktausblick als nicht schlecht; allerdings dürfte der Aufschwung spürbar an Kraft verlieren. Für Produktion, Exporte und Verbrauch werden nur noch moderate Wachstumsraten prognostiziert, und das auch nicht für alle Fleischarten. Nachdem die Bruttoeigenerzeugung von Fleisch nach vorläufigen Daten 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,9 % zulegte, wird von den Brüsseler Analyten für das laufende Jahr nur noch ein Anstieg um 0,3 % auf knapp 46,88 Mio t erwartet. Grund dafür ist vor allem der unterstellte Rückgang der Schweinefleischerzeugung um 77 000 t oder 0,3 % auf 23,24 Mio t. Dieser soll aus dem fortgesetzten Abbau der Sauenbestände resultieren. Ende 2016 hielten die EU-Ferkelproduzenten gut 200 000 beziehungsweise 1,7 % weniger Sauen im Stall als ein Jahr zuvor. Zudem gab es auch weniger Ferkel und Mastschweine, was im ersten Quartal 2017 bereits in vielen Mitgliedsländern zu einem verknappten Schweineangebot geführt hat. Im Geflügelbereich waren nach Kommissionangaben die Einstallungen von Hähnchen zuletzt rückläufig, und die Geflügelpest dürfte sich vor allem negativ auf die Erzeugung von Enten und Gänsen auswirken. Für 2017 wird deshalb nur noch ein Anstieg der Bruttoeigenerzeugung von Geflügelfleisch um 0,7 % auf 14,49 Mio t erwartet; ein Jahr zuvor hatte diese noch um 4,4 % zugelegt. Im Rindersektor hat die Fleischproduktion im vergangen Jahr durch das vermehrte Abschlachten weiblicher Tiere zugenommen. Das soll sich 2017 fortsetzen und das Aufkommen um 1,5 % auf 8,20 Mio t steigen. Spätestens 2018 soll sich dann aber der Trend umkehren und aufgrund des Bestandsrückgangs die Erzeugung um 1,6 % auf gut 8 Mio t sinken.
Moderat steigender Fleischverbrauch
Für den Fleischverbrauch in der Gemeinschaft erwartet die EU-Kommission im laufenden Jahr gegenüber 2016 einen moderaten Anstieg. Der Pro-Kopf-Verbrauch je EU-Bürger soll durchschnittlich um etwa 400 g auf 68,0 kg zunehmen. Insgesamt würde das einen Mehrabsatz am Binnenmarkt von 386 000 t oder 1,2 % bedeuten. Der Schweinefleischkonsum sank 2016 recht deutlich, nämlich um 900 g auf 31,3 kg. Grund dafür war unter anderem, dass das Fleisch vermehrt in den Export nach Asien ging. In diesem und im kommenden Jahr soll sich der Konsum aber auf dem niedrigeren Niveau stabilisieren oder leicht zulegen. Bei Rindfleisch gehen die Brüssler Experten davon aus, dass die größere Verfügbarkeit den mittleren Pro-Kopf-Verzehr 2017 um 100 g auf 10,9 kg steigen lässt. Im kommenden Jahr dürfte jedoch das dann voraussichtlich wieder kleinere Rindfleischangebot den Pro-Kopf-Verbrauch auf 10,7 kg drücken. Das bei den EU-Bürgern immer beliebtere Geflügelfleisch soll auch 2017 und 2018 im Verbrauch zulegen können, und zwar um jeweils 100 g auf 23,9 kg im kommenden Jahr. Die Wachstumsraten würden damit allerdings sehr viel schwächer als in den Vorjahren ausfallen. Schaf- und Lammfleisch bringen es zusammen seit Jahren auf einen Anteil am Gesamtverzehr von etwa 2,5 %, und das dürfte bei einem stabilen Verbrauch von 1,8 kg pro Einwohner aus Sicht der Kommission auch so bleiben.
Schweinefleischexport soll sinken
Recht unterschiedlich schätzen die Analysten aus Brüssel die diesjährigen Perspektiven für den EU-Fleischexport ein. Dieser war 2016 gegenüber dem Vorjahr um fast ein Fünftel auf die Rekordmenge von 4,82 Mio t gestiegen, wobei lebende Tiere aber nicht die Schlachtnebenprodukte eingerechnet sind. Die Kommission geht davon aus, dass dieses Niveau 2017 nicht gehalten werden kann und sich die Ausfuhren um etwa 200 000 t oder gut 4 % auf 4,62 Mio t verringern werden. Angenommen wird hierbei ein Rückgang der Schweinefleischexporte um 250 000 t oder 9 % auf 2,55 Mio t. Neben der geringeren Erzeugung soll dazu vor allem ein schwächerer Absatz in China beitragen. Als Gründe werden ein mittelfristig geringerer Importbedarf der Volksrepublik und die dort wachsende Konkurrenz mit Anbietern aus den USA, Kanada und Brasilien genannt. Marktakteure wie Danish Crown oder auch spanische Exporteure berichteten bis zuletzt jedoch von guten Geschäften mit China, und Analysten gehen zumindest für das laufende Jahr von einem ebenso hohen Einfuhrbedarf der Volksrepublik wie 2016 aus. Zudem könnten auch die Absatzmöglichkeiten für Schweinefleisch in anderen Länder erneut zunehmen und die EU, so spekulieren manche Experten, auch von dem aktuellen Fleischskandal in Brasilien profitieren, wenn die internationalen Kunden für brasilianische Ware Einfuhrsperren verhängen. Der Schweinefleischimport der EU lag laut Kommissionsangaben zuletzt bei nur rund 12 000 t und dürfte vorerst auch kaum zunehmen.
Positiver Ausblick für den Rinderexport
Der EU-Export von Rindfleisch und lebenden Rindern legte aufgrund des größeren Angebots und der international gestiegenen Nachfrage 2016 gegenüber dem Vorjahr deutlich zu, und zwar um gut 20 % auf 463 000 t. Für das laufende Jahr erwartet die EU-Kommission einen weiteren Zuwachs um 7 % auf fast 500 000 t. Ein wesentlicher Faktor dafür soll der weiter florierende Lebendexport von Rindern sein, die vor allem in die Türkei, nach Israel und in den Libanon gehen. In diesem Segment rechnen die Analysten aus Brüssel mit einem Ausfuhrplus von 10 %. Sollte allerdings die Türkei wegen der politischen Spannungen mit der EU zurückhaltender ordern - erste Kühe aus den Niederlanden sollen laut Presseberichten bereits zurückgeschickt worden sein - könnte sich das Bild jedoch schnell ändern. Die EU-Rindfleischexporte sieht die Kommission gegenüber 2016 um 5 % wachsen, unter anderem weil einige Länder ihre Einfuhrsperren wegen der Bovinen Spongiformen Enzephalopathie (BSE) wieder aufgehoben haben. Bei den Importen von Rindfleisch rechnet die Brüsseler Behörde für 2017 und 2018 mit Zuwachsraten von 2,9 % beziehungsweise 3,5 %, was im kommenden Jahr einer Einfuhrmenge von 315 000 t entsprechen würde. Sollte sich aber der Fleischskandal in Brasilien als wichtigstem Lieferanten der EU ausweiten, könnte von dort weniger Rindfleisch bezogen werden.
Geflügelpest bremst Ausfuhren
Der Geflügelfleischabsatz der EU-Exporteure in Drittländer hat im vergangenen Jahr mit einem Zuwachs von gut 9 % auf 1,48 Mio t eine neue Höchstmarke erreicht. Die gestiegene Erzeugung und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit aufgrund niedrigerer Preise in der EU als 2015 hätten das Ausfuhrplus begünstigt, so die Brüsseler Analysten. Im laufenden Jahr können die Anbieter aus der Gemeinschaft aber wohl nicht mit solch einer Marktdynamik rechnen, denn die EU-Geflügelfleischausfuhren sollen lediglich um 1 % auf etwa 2,0 Mio t steigen. Als begrenzende Einflussfaktoren benennen die Kommissionsexperten die zunehmende Konkurrenz durch andere Geflügelexporteure am Weltmarkt - wie die USA und Brasilien - sowie die Geflügelpest, in deren Folge bedeutende Kunden Einfuhrsperren verhängt haben. Dazu zählt beispielsweise Südafrika, das im vergangenen Jahr mit 270 000 t wichtigster Abnehmer für die EU war. Wenig Dynamik erwartet die EU-Kommission auch bei den Geflügelfleischimporten. Diese könnten laut den Prognosen 2017 und im nächsten Jahr um jeweils 2,0 % steigen und dann einen Umfang von 918 000 t erreichen. Demnach bliebe die Gemeinschaft Nettoexporteur mit einem Handelsbilanzüberschuss von mehr als 600 000 t Geflügelfleisch.
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