Keulung von mehreren zehntausend Ziegen in Holland gestartet
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Insgesamt dürften in den kommenden Wochen rund 40.000 trächtige Ziegen sowie mehr als 1200 Böcke durch Injektion getötet werden. Andere Quellen sprechen von bis zu 80 000 Ziegen, die getötet werden sollen. Die Aktionen sollen auf den 55 (andere Quellen sprechen von mehr als 60) betroffenen Betrieben selbst stattfinden; einen Transport ins Schlachthaus hält das niederländische Landwirtschaftsministerium sowohl wegen der Übertragungsgefahr als auch aus Tierschutzgründen für unangebracht. Weibliche Tiere, die keinen Nachwuchs erwarten, bleiben am Leben, dürfen aber nicht mehr für die Zucht verwendet werden. Wenn in einem Betrieb kranke Tiere auftauchen, werden auch die gesunden gekeult. Für einen Test einzelner Ziegen und Schafe ist keine Zeit. Ferner gilt in Holland seit Weihnachten ein Verbot zur Bestandsaufstockung. Das Q-Fieber ist eine Bakterieninfektion, die trächtige Schafe und Ziegen befällt. Beim Ablammen bzw. durch Fehlgeburten kann der Erreger Coxiella burnetti an die Umwelt abgegeben werden. Männliche Tiere können das Bakterium mit der Samenflüssigkeit übertragen. Die Krankheit ist auch für Menschen gefährlich. Das QFieber überträgt sich durch die Luft. Personen, die im Umkreis eines infizierten Hofs wohnen, sind gefährdet. Q-Fieber galt lange als Berufskrankheit unter Schäfern, Schlachtern und Landwirten. Laut dem niederländischen Gesundheitsamt erkrankten 2007 erstmals auch andere Menschen. Bis Dezember 2009 zählten die Behörden 2300 Fälle. Sechs Menschen starben 2009 an der Ziegengrippe. Dabei bemerkt jeder zweite Infizierte kaum etwas von der Krankheit, die anderen leiden unter Kopf- und Muskelschmerzen, hohem Fieber, Husten oder Lungenentzündungen. Die niederländische Regierung entschloss sich zu den drastischen Maßnahmen, weil im vergangenen Jahr aus bislang ungeklärter Ursache deutlich mehr Personen betroffen sind als in der Vergangenheit.
Keulung der beste Schutz
Die Option, geimpfte Tiere nicht zu töten, verfolgen Landwirtschaftsministerin Gerda Verburg und Gesundheitsminister Ab Klink nicht weiter. Experten des niederländischen Instituts für Öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM) argumentierten, die Keulung aller trächtigen Ziegen biete den besten Schutz für die Bevölkerung. Infizierte Tiere schieden den Erreger nicht immer aus. Mit Tests könne man deshalb nicht zuverlässig jeden Träger des Bakteriums erkennen. In der anstehenden Ablammsaison bestehe deshalb die Gefahr, dass eine größere Zahl Bakterien in die Umwelt entlassen werde. Das Ministerium erklärte, die Massentötungen über die Weihnachtsfeiertage sowie an Silvester und Neujahr auszusetzen. Ein Überschwappen der Krankheit auf Deutschland in größerem Stil wird vom Friedrich-Löffler-Institut (FLI) als unwahrscheinlich betrachtet. Als ein Grund für die rasche Ausbreitung des Erregers in den Niederlanden gilt die dort relativ intensive Form der Schaf- und Ziegenhaltung. Etwa 350 000 Ziegen gibt es auf niederländischen Höfen, viele in Beständen von über 500 und mehr Tieren.
Beihilfen möglich
Unterdessen hat die Europäische Kommission im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise grünes Licht für die Gewährung von Staatsbeihilfen an niederländische Landwirte gegeben. Den Haag will insgesamt 2,81 Mio. Euro aufwenden, um allen Bauern eine zusätzliche Hilfe zukommen zu lassen. Die Maßnahme ist die holländische Umsetzung einer Vorgabe der Kommission, die im Rahmen der Milchmarktkrise getroffen wurde. Danach dürfen die Mitgliedstaaten Landwirten ausnahmsweise einmalig mit bis zu 15 000 Euro unter die Arme greifen. Mit der Krise um das Q-Fieber ist die Entscheidung der Brüsseler Behörde zunächst nicht verbunden. Auf Anfrage wurde allerdings bestätigt, dass Den Haag die Mittel auch verwenden könne, um Ziegenhalter für Keulungen zu entschädigen. Vom niederländischen Landwirtschaftsministerium wiederum wurde bislang nur bestätigt, dass betroffene Ziegenhalter keine Strafzahlungen für eventuelle Versäumnisse fürchten müssen. Der niederländische Bauernverband (LTO) hat sich gegen die Massentötungen ausgesprochen, sieht aber nach einer rechtlichen Prüfung keine Möglichkeit, gegen den Beschluss vorzugehen. AgE/Red.
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