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Schmallenberg: Endlich ein Impfstoff?

Zum Thema „Schmallenberg“ wurde folgende Frage an die WDL gerichtet: „Wie schätzen Sie die Schmallenberg-Situation in Deutschland 2013 ein und wann kommt der ersehnte Impfstoff?" Dazu eine Information von Dr. Holger Axt von der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg.
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geborenes Lamm mit schweren Schmallenberg-Mißbildungen.
geborenes Lamm mit schweren Schmallenberg-Mißbildungen.Dr. Suntz
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Knapp zwei Jahre nach der ersten Beschreibung des Schmallenbergvirus (SBV) in Deutschland konnten schon viele Fragen zu dem neuen Krankheitserreger geklärt werden. Das Virus ist inzwischen zentrifugal von Mitteleuropa bis nach Skandinavien, in den Mittelmeerraum und nach Osteuropa vorgedrungen und wurde damit in großen Teilen des Kontinents nachgewiesen. In Deutschland wurde es inzwischen in nahezu 2500 Tierhaltungen diagnostiziert. Am stärksten betroffen waren bisher die (nord)westlich gelegenen Bundesländer und Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Das Virus befällt hauptsächlich Rinder, Schafe und Ziegen, aber auch Infektionen von Wildwiederkäuern, Bisons und Alpakas sind bekannt. Die Infektionen werden durch Gnitzen und andere stechende Insekten übertragen, wobei güste (nicht trächtige) Tiere in der Regel eine milde, fieberhafte Infektion durchmachen, während der das Virus nur wenige Tage nachweisbar ist. Vorübergehende Begleitsymptome wie Durchfall und Milchrückgang wurden gelegentlich und insbesondere bei Rindern beobachtet. Bei trächtigen Tieren kann es zu Aborten kommen. Tragende Schafe und Ziegen, die zwischen der vierten und neunten Trächtigkeitswoche erstmals infiziert werden, bringen mehr oder weniger schwer missgebildeten Nachwuchs zur Welt, der meist nicht lebensfähig ist oder schon tot geboren wird. SBV verursacht eine Entzündung und Zerstörung fetaler Gehirnzellen. Als Folgeerscheinung fehlen Nervenimpulse an die Muskulatur, was zu Missbildungen des Skelettsystems (Wirbelsäulen- und Gliedmaßenverkrümmung) der Lämmer führt.

Als gesichert gilt, dass eine Infektion die Bildung von schützenden Antikörpern zur Folge hat. Wie lange der Schutz anhält, ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Anlass zur Zuversicht gibt hier eine Beobachtung aus dem eigenen Betreuungsgebiet: In mehreren Betrieben (Region Rheinebene), die im Frühjahr 2012 gehäuft SBV-assoziierte Missbildungen zu beklagen hatten, blieben in diesem Frühjahr Missbildungen aus bzw. auf wenige Einzelfälle beschränkt. Dagegen waren in dem Betrieb (Region Schwäbische Alb), der 2013 am stärksten betroffen war, im Vorjahr noch keine Fälle aufgetreten.

Eigene Untersuchungen von Blutproben im ersten Quartal 2013 zeigten, dass SBV in Baden-Württemberg inzwischen alle Tierbestände mit Wiederkäuerhaltung erreicht haben dürfte, wobei in ca. 70 bis 80 % der untersuchten Blutproben von Schafen Antikörper gegen SBV nachgewiesen wurden. Bei Rindern ist der Grad der Durchseuchung noch höher und geht in vielen Beständen schon Richtung 100 %.

Insgesamt zeichnet sich ab, dass die Folgen einer SBV-Infektion bei weitem nicht das Schadpotenzial und die Verlustraten von BTV-Infektionen (Blauzungenkrankheit) erreichen und sich bisher in vergleichsweise überschaubaren Grenzen abspielen. In Einzelfällen kann jedoch auch SBV zu empfindlich hohen Verlusten führen, nämlich dann, wenn sich während der Hauptinfektionsphase einer Herde besonders viele Tiere im kritischen Trächtigkeitsstadium befinden. Diese Gefahr besteht besonders bei der Erstinfektion betroffener Herden, wenn also noch keine Tiere mit schützenden Antikörpern vorhanden sind. Über dieses Stadium sind wir in weiten Teilen Deutschlands inzwischen hinaus, so dass nach meiner Einschätzung die Hoffnung berechtigt ist, dass wir in den Folgejahren nur noch wenige Tierbestände mit massiven Verlusten durch missgebildete Lämmer haben werden.

Noch nicht geklärt ist, wo das Virus eigentlich herkommt. Für die Praktiker jedoch viel bedeutender sind Fragen nach der genauen Dauer einer auf die Infektion folgenden, schützenden Immunität oder möglichen Folgeerscheinungen einer Infektion für die Fruchtbarkeit und andere Leistungsparameter. Und wie entwickelt sich auf längere Sicht die Situation in Beständen, in denen nicht geimpft wird? Derzeit wird in verschiedenen Forschungseinrichtungen Deutschlands und Europas nach Antworten auf diese Fragen gesucht sowie an der Entwicklung von Impfstoffen gearbeitet. Es ist davon auszugehen, dass geimpfte Tiere und ihre Leibesfrucht gut vor den Folgeerscheinungen von SBV-Infektionen geschützt sein werden. Wann der bereits von einer Firma produzierte Impfstoff in Deutschland angewendet werden kann, hängt von der Dauer der Prüf- und Zulassungsverfahren deutscher Behörden ab. Hierzu kann die Herstellerfirma momentan noch keine nähere Auskunft erteilen. Die Entscheidung, ob ein Tierbestand geimpft wird, sollte dann gemeinsam mit dem betreuenden Tierarzt betriebsindividuell getroffen werden.

Fragen an die WDL
Unseren kostenlosen Service können Sie nutzen, indem Sie Ihre konkrete Frage unter dem Stichwort „Sie fragen – WDL antwortet“ schicken an: Wirtschaftsvereinigung Deutsches Lammfleisch (WDL) Fax: 030/31904-549 E-Mail: s.voell@bauernverband.net

WDL

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