Demonstration für ihre Existenz
- Veröffentlicht am

Etwa 30 Berufskollegen aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg waren am Sonntag, dem 15. September 2019, nach Berlin gekommen, um gemeinsam mit Knut Kucznik und seiner 200köpfigen Schafherde durch die Hauptstadt zu ziehen: Der Weg führte vom Haus der Kulturen der Welt durch den Tiergarten, vorbei am Schloss Bellevue, um die Siegessäule herum, bis zum Hansaplatz und zurück.
Dass Schäfer kaum noch von ihrer Arbeit leben können, ist innerhalb der Branche nicht neu, aber den Politikern, Städtern und Verbrauchern müsse man dies immer wieder klar machen, begründet der Vorsitzende des Schafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg, Knut Kucznik, die Aktion, zu der es im Rahmen des Projektes „Kunst im Stadtraum“ gekommen war.
Mit großem Interesse folgten viele Berliner dem tierischen Umzug und hörten gespannt den Reden der Schäfer am Hansaplatz zu. Der Vorsitzende der Vereinigung der Deutschen Landesschafzuchtverbände (VDL), Alfons Gimber, erklärte den Zuhörern die prekäre Lage der Schafhalter in Deutschland, die weder genügend Geld für die Wolle, das Fleisch oder die Milch ihrer Tiere bekämen. Stattdessen fülle der Lebensmitteleinzelhandel die Regale lieber mit günstigerer Importware, was die Erzeugerpreise weiter nach unten drücke. "Wir Schäfer benötigen mehr finanzielle Unterstützung der Politik für den Arten- und Landschaftsschutz sowie für den Umgang mit dem Wolf", betonte Gimber in seiner Ansprache.
Während des Zuges durch die Stadt sowie abschließend im Tiergarten folgten viele Hauptstädter der Aufforderung Kuczniks und kamen mit den Schäferkollegen rund um den Pferch ins Gespräch.
Das Schaf in der Großstadt
Um den Wert des Rohstoffes Wolle wieder mehr in den Fokus der Verbraucher zu rücken, hatte Frau Prof. Folke Köbberling von der TU Braunschweig die Idee, Schafe in der Stadt weiden und von Berliner Paten versorgen zu lassen. Diese müssen die Schafe morgens auf die Wiese führen und abends zurück in den Stall bringen. Der mobile 105 cm hohe Elektrozaun wird nach der Beweidung der Grünfläche auf eine neue Fläche versetzt. Dafür verbleiben seit Sonntag fünf Tiere aus Kuczniks Herde vier Wochen lang in einem Pferch am Hansaplatz vor der Bibliothek.
Daneben hat die Künstlerin einen großen Container mit ca. 400 kg Rohwolle platziert – die geschorene Rohwolle der 200 Demo-Schafe. Köbberling möchte die Wolle öffentlich verarbeiten. Ziel sei es, gemeinsam Wolldecken zu filzen. Das Projekt „Kunst im Stadtraum“, initiiert vom Beratungsausschuss Kunst der Senatskulturverwaltung und mit 100 000 Euro finanziert, soll gleichzeitig den Hansaplatz aufwerten.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.