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Hessen: Willkommen Wolf!?

Der Schafhalterverein Vogelsberg hatte Ende September zu einem interessanten Abend eingeladen – und viele sind gekommen, denn das Thema ist brisant: Willkommen Wolf!?
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Die Redner der Informationsveranstaltung „Willkommen Wolf!?“ (von links):
Dieter Hübner, Markus Bathen, Markus Hofmann und Wolfgang Pschierer vom
Vogelsberger Schafhalterverein, Karl-Heinz Zobisch – NABU-Kreisverband.
Die Redner der Informationsveranstaltung „Willkommen Wolf!?“ (von links): Dieter Hübner, Markus Bathen, Markus Hofmann und Wolfgang Pschierer vom Vogelsberger Schafhalterverein, Karl-Heinz Zobisch – NABU-Kreisverband.Heinze
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Neben den örtlichen Schafhaltern hat sich der Vorsitzende des Odenwälder Schäfervereines, Harald Brandel, es sich nicht nehmen lassen, die weite Strecke auf sich zu nehmen und aus Südhessen anzureisen. Ebenso war die Vorsitzende der hessischen Milchschafzüchter, Patricia Heilbronn, und Vertreter der Kreisvereine Lahn-Dill und Taunus zugegen. Mehr als 80 Personen wollten sich zu dem Thema „Wolf in Hessen“ informieren. Unter ihnen auch einige Vertreter des regionalen NABU-Vereines. Deren Vorsitzender, Karl-Heinz Zobich, ist ebenfalls Schafhalter und war als Redner in den Abend eingebunden. Ebenso war Dieter Hübner, Schafhalter aus Gelnhausen und Rechtsanwalt, als Redner der „Gegenseite“ vorgesehen. „Willkommen Wolf!?“ als Fest- bzw. Fragestellung wird Hessen immer mehr beschäftigen, denn das Raubtier wurde im nördlichen Landesteil (als „Reinhard“ vom Reinhardswald, siehe Schafzucht 13/08) schon ausgemacht. Der umtriebige Schafhalterverein Vogelsberg mit ihrem Vorsitzenden Wolfgang Pschierer hatte einen hochkarätigen Kenner der Materie eingeladen: Markus Bathen ist nicht nur Mitglied im NABU-Bundesverband, sondern wissenschaftlicher Betreuer des Wolfprojektes in der Lausitz. So konnte er auf recht interessante Daten verweisen. Eingefangene Wölfe wurden mit Sendern ausgestattet, so dass deren Wanderwege festgestellt wurden, was wiederum Rückschlüsse auf das Verhalten des Wolfes zulässt. Interessant war hierbei, dass die Wanderwege teilweise mitten durch bewohnte Ortschaften geführt haben. Über Untersuchungen der Losungen konnten DNA-Spuren gesichert werden, was verwandtschaftliche Zusammenhänge unter den Wölfen erkennen ließ. Auch sind über die Losungen das Beutespektrum der Wölfe nachvollzogen worden: ca. 66% Rehwild, 36% Schwarzwild 8% Hasen und 6% Kleintiere. Begonnen hatte Markus Bathen seinen Vortrag mit der Geschichte des Wolfes und somit der Entwicklung des Haushundes, denn dieser stammt vom Wolf ab. Das mache es auch dem Laien schwer, Fährten des Wolfes vom Schäferhund zu unterscheiden. Eindeutig geregelt ist der Schadensausgleich in Sachsen. Nachdem die Wölfe sich dort angesiedelt haben, wurde beim Umweltministerium des Landes eine Abteilung mit der Regulierung der Schäden beauftrag. Sie soll in Verbindung mit NABU und anderen Organisationen auch für die Prävention sorgen. In Sachsen werden daher besondere Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Auftauchen des Wolfes mit 60% des Materialwertes bezuschußt („besondere Schutzmaßnahmen“, das heißt höhere Netze bzw. zusätzliche stromführende Litze über den Netzen, zusätzliche Anbringung von Flatterbändern etc.). Weiterhin wird der Einsatz von Esel oder Lamas diskutiert, da diese große Beutegreifer abwehren sollen. Esel eigenen sich hierfür auf Grund ihres angeborenen Abwehrverhaltens gegen Hundeartige. In aller Munde ist der Einsatz von Herdenschutzhunden, wobei die rechtliche Seite noch nicht ganz geklärt ist, denn auch andere „Eindringlinge“ könnten zu Schaden kommen. Auch das Verhalten unbeteiligter (Menschen wandern durch eine grasende Schafherde, Radler etc.) ist gerade beim Einsatz bestimmter Herdenschutzhundes im freien Gehüt zu diskutieren. Äußerungen der Schäfer, dass ja keiner den Wolf hier haben will und man getrost auf ihn verzichten kann, wurde entgegnet, dass seitens der Menschen der Wolf nicht ausgesetzt oder neu angesiedelt wird. Der Wolf verbreite sich selbst. Er sei jedoch durch verschiedene gesetzliche Grundlagen geschützt. Und diese Gesetze dokumentieren den Willen der legislativen Organe und somit der Mehrheit der Menschen, dass der Wolf gewünscht wird. Zur Zeit halten sich etwa 40 Wölfe in der Lausitz auf, einem Gebiet von ca. 1600 km², welches im Kern kaum bewohnt ist. Vom Bundesumweltministerium wurde eine Karte als eine Art Zukunftsprognose über die Möglichkeit des Lebensraumes für den Wolf entworfen. Danach sind der Vogelsberg und viele andere Gebiete potentielle Wolfhabitate (= Lebensräume). Rechtsanwalt und Kreisjagdberater Dieter Hübner ist nicht nur ehemaliger Schafhalter und Jäger, sondern hat auch Erfahrungen in der Haltung von Herdenschutzhunden. Als ausgewiesener Gegner der Ansiedlung des Wolfes stellte er seine Position klar und sprach somit den anwesenden Schafhaltern recht oft aus dem Herzen. Seine Ausführungen zeigten auf, dass es durchaus auch Argumente gibt, „den Wolf nicht lieben zu müssen!“ Auch ging er auf den wohl wachsenden Widerstand der Bevölkerung gegen die Wolfshege ein. Vorhandene „Übergriffe“ des Wolfes in diesem Jahr werden offensichtlich gerne unterschlagen, was wohl auch auf die wachsende Population der Wölfe zurück zuführen ist. Insbesondere die Problematik der Herdenschutzhunde (siehe oben) wurde eingehend thematisiert. Es ist nicht einfach damit getan, von irgendwoher einen Hund „zu besorgen“. Hund- und rassespezifische Eigenheiten sind zu beachten, da es sonst zu einem Desaster für alle Beteiligten kommen kann. Karl-Heinz Zobisch als örtlicher NABU-Vertreter gab eindeutig zu verstehen, dass sein Verband hinter den Schafhaltern stehe. Er forderte eine unmißverständliche Entschädigungsregelung und sachgerechte Maßnahmen zur Schadensverhütung. Von daher sei das Ministerium gefordert.
Peter E. Heinze
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