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Blauzungenkrankheit | Stand 19.07.2024

NRW-Züchter zum Sinn und Zweck der BTV-3-Impfung

Die Blauzungenkranheit ist flächendeckend in Nordrhein-Westfalen angekommen. Die Schafzüchtervereinigung Nordrhein-Westfalen meldet, dass sich die Lage in einigen Betrieben drastisch verschlimmert. „Bitte impft eure Schafe!“, appellieren vier Züchter aus NRW.

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Sie haben ihre Schafe rechtzeitig geimpft (v.l.): Thomas Schumacher und Julia Dewenter, Tina und Hagen.
Sie haben ihre Schafe rechtzeitig geimpft (v.l.): Thomas Schumacher und Julia Dewenter, Tina und Hagen.Privat
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Pocken, Diphtherie, Polio, Tetanus, Mumps, und nicht zuletzt Covid 19 – viele Infektionen, die uns Menschen bedrohten, konnten durch Impfungen ausgerottet oder zumindest weitestgehend zurückgedrängt werden.

Auch bei den Schafen haben wir Impfstoffe zur Verfügung, die der Gesunderhaltung unserer Tiere dienen. Wir impfen vielleicht gegen Clostridien, Chlamydien, Moderhinke, BTV 4 und 8 sowie gegen andere Infektionskrankheiten. Impfungen sind ein Segen für Menschen und Tiere.

Seit letztem Jahr kennen wir aus den benachbarten Niederlanden den neuen Serotyp 3 der Blauzungenerkrankung. Wir wussten früh, wie aggressiv er ist, dass viele Schafe erkranken und verenden. Ende des Jahres dann die ersten Fälle am Niederrhein. Der Winter verschaffte uns ein wenig Zeit. Es gab viele Warnungen, dass die Erkrankung in der warmen Jahreszeit in 2024 weitergeht und sich über Deutschland ausbreiten wird.

Erinnerungen an BTV-8

Wir sind zwei befreundete Betriebe, die im gleichen Ort im Nebenerwerb Schafe (Bentheimer und Coburger) im Herdbuch züchten. Wir leben in Wiehl im Oberbergischen Kreis, NRW. 2006 und 2007 haben wir hier im Oberbergischen die BTV-8-Infektion im vollen Umfang abbekommen. Wir dürfen also mit Fug und Recht behaupten, dass wir wissen, wovon wir reden.

Etliche kranke Tiere, die sich gequält haben, keine Luft bekamen, verendet sind oder getötet werden mussten, erhebliche Mehrarbeit Tag und Nacht, hohe Tierarzt- und Medikamentenkosten. Böcke die an allen vier Extremitäten das Klauenhorn verloren. Es war furchtbar.

Am Schlimmsten war das langsame Dahinsiechen der Tiere, ohne dass jemand wusste, wie man ihnen wirksam helfen kann. Und jeden Tag eine neue Hiobsbotschaft auf der Weide. Dazu stinkende Kadaver an der Abholstelle, weil der Entsorger nicht mehr hinterherkam. Das hat an den Nerven gezehrt wie bisher nichts Vergleichbares.

Erlösend dann, als wir – ebenfalls per Notzulassung –  einen Impfstoff bekamen gegen Serotyp 8. Dieser schlug ohne nennenswerte Nebenwirkungen an. Von da an war dieser Erkrankung der Schrecken genommen, und man kann sagen, sie ist sogar in Vergessenheit geraten.

Und jetzt BTV-3

Mit dem Auftauchen des Serotyps 3 war die schlimmste Meldung, dass die bisher bekannten Impfstoffe nicht wirken. Wir standen also ohne Schutz da, und ob sich irgendeine Firma an die Entwicklung eines Impfstoffes gibt, stand in den Sternen. Dann endlich vor ein paar Wochen wurden drei Medikamente per Notverordnung zur Anwendung freigegeben, darunter der vom deutschen Hersteller Boehringer Ingelheim*.

Aufgrund unserer oben beschriebenen Erfahrung aus den Jahren 2007/2008 haben wir den Boehringer-Impfstoff umgehend über unsere Tierärztin bestellt, der Gott sein dank früh genug kam. Die Gnitzen haben sich offensichtlich erst nach Beginn der Immunität eingefunden.

Jetzt ist es Mitte Juli. Seit ein paar Tagen erhöhen sich die Zahlen erkrankter und verendeter Tiere in unserem Kreis rasant. Vom Hobbyhalter bis zum Vollerwerbsschäfer sind viele betroffen, und es werden täglich mehr. Viele impfen jetzt noch kurzentschlossen nach.

Warum nicht früher?

Dass BTV-3 kommt, war ziemlich klar. Deshalb sind wir so irritiert, warum so wenige die Chance zur rechtzeitigen Impfung genutzt haben. Viele haben vielleicht die Kosten gescheut. Aber sind nicht nun die Kosten durch Mehrarbeit, Medikamente, Tierarzt, erkrankte und verendete Tiere viel viel höher?

Und müssen wir das Leid der Schafe nicht unbedingt mit in die Kalkulation einfließen lassen? Wir sind doch verantwortlich dafür, dass es den Tieren gut geht.

Warum schreiben wir diesen Artikel?

Wir möchten erstens darüber berichten, dass die Tiere in unseren Betrieben und in denen, die wir sonst überblicken, den Boehringer-Impfstoff ausnahmslos gut vertragen haben. Zweitens sind bisher in unserem Gebiet ausschließlich Tiere in ungeimpften Betrieben erkrankt (vorausgesetzt es wurde früh genug geimpft).

Wir möchten alle Schafhalter und Betriebe zum Impfen ermutigen, vor allem in Gebieten, die noch nicht betroffen sind und wo eine zügige Impfung noch guten Erfolg verspricht. Die Immunität beginnt nach drei Wochen!

Impfen im Seuchengeschehen (auch hier die Parallele zu Covid 19) ist immer auch eine Frage der Solidarität. Je mehr und je schneller geimpft wird, desto größer ist die Chance für uns alle, dass wir diesen Geist wieder loswerden.

Daher unser ausdrücklicher Appell: Bitte impft eure Schafe!

Wir wünschen euch und euren Tieren alles Gute.

*) Anmerkung: Wir haben im Text bewusst den deutschen Hersteller Boehringer erwähnt, da wir diesen verimpft haben und über andere Impfstoffe keine Aussagen machen können. Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass wir von der Firma Boehringer weder dazu aufgefordert wurden noch irgendwelche geldwerten Mittel oder den Impfstoff bekommen haben.

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