Lies schlägt 10 Prozent-Quote für Abschüsse vor
44 Wolfsrudel, vier residente Einzelwölfe und ein Grenzgänger in 48 Wolfsterritorien sind aktuell für Niedersachsen erfasst. 241 Wolfsübergriffe mit 685 toten Tieren wurden im vergangenen Monitoringjahr registriert. Deshalb forderte das Aktionsbündnis Aktives Wolfsmanagement auf der Fachtagung „Wolf und Weidetiere – Wie geht es weiter mit der Wolfspolitik in Niedersachsen?“ eine sofortige Bestandsregulierung.
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Knapp 20 Prozent des deutschen Wolfbestandes lebt in Niedersachsen, so Jörn Ehlers, Landvolk-Vizepräsident und Sprecher des Aktionsbündnisses, auf der Fachtagung im niedersächsischen Visselhövede. Der Faktor Zeit sei die entscheidende Größe beim Wolf. Es gehe um Zeit für die Weidetierhalter, um schnelles Handeln seitens der Politik und darum, die Mittel für die Schadensregulierung schnell zu erhalten. Dann habe die Weidetierhaltung in Niedersachsen noch eine Chance.
Elke Steinbach, Herdenschutzberaterin der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK), erklärte in ihrem Vortrag, dass die Herausforderungen beim wolfsabweisenden Herdenschutz mit den verschiedensten Geländeformen Niedersachsens sowie den Tierwohlaspekten wie Weidegang enorm seien. Die größte Herausforderung sei aber die Unterhaltung der Zäunung. Wo Herdenschutz gut umgesetzt werde, funktioniere er, lautete ihr Fazit.
Vermehrte Angriffe auf große Weidetiere
Jennifer Kraushaar, Tierärztin und Koordinatorin „Rissbegutachtung“ der LWK, berichtete, dass seit der Rissbegutachtung ab 1. Februar 2022 die LWK bis dato 223 Fälle bearbeitet habe. In 171 Fällen wurde der Wolf als Verursacher festgestellt, in 81 Fällen sind Billigkeitsleistungen gewährt worden.
Auffällig sei, dass Wölfe vermehrt große Weidetiere anfallen. Aktuell wurden 623 Schafe und Ziegen gerissen (Vorjahr insgesamt 749), 44 Rinder (46), 13 Pferde (8) und 24 Stück Gatterwild (37). Die Monate September und Oktober mit den höchsten Risszahlen im Jahresverlauf stehen noch bevor.
Regional differenzierte Abschuss-Quote
Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) forderte in der Diskussionsrunde mit den niedersächsischen Landespolitikern ein regional differenziertes Bestandsmanagement. Eine feste Quote wie in Frankreich helfe, zügig handeln zu können. Bei 400 Wölfen in Niedersachsen schlug er eine Quote von jährlich 10 Prozent vor. „Mehr als 500 Wölfe verträgt das Land nicht. Wir haben schon den günstigen Erhaltungszustand erreicht, wir müssen ins Handeln kommen“, sagte Lies.
Auch Marco Mohrmann (CDU) beobachtet mit Sorge, dass die Menschen im ländlichen Raum die Weidetierhaltung aufgeben. Da Niedersachsen so viele Wölfe verzeichne wie Schweden und Norwegen zusammen, sei ein aktives Wolfsmanagement nötig, um Wölfe im größeren Stil töten zu können. Mit Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes und wolfsfreier Zonen sieht Mohrmann 300 bis 500 Tiere für Niedersachsen als verkraftbar an.
Hermann Grupe (FDP) wünschte sich mehr Sachlichkeit in der Debatte. Ohne Regelung werde Niedersachsen bald 2000 Wölfe haben, aber keine Weidetierhalter mehr. Es gebe Gebiete in Niedersachsen, die die höchste Wolfsdichte weltweit aufweisen. Grupe stimmt der regionalen Planung zu und zieht bei 300 Wölfen die Grenze für Niedersachsen.
Grünen-Politiker Christian Meyer sieht verhärtete Fronten und forderte mehr Sachlichkeit. Meyer plädierte für eine gemeinsame sachliche, vernünftige Wolfs- und Weidepolitik: Verstärken der Prävention und notfalls Entnahme von Problemwölfen. Da die Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes nach EU-Richtlinie erfolge, werde es keine Regelung auf Bundesebene geben, erklärte Meyer und gab keine Zahl zur Grenze für Niedersachsens Wolfsbestand ab.
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