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Wölfe: Wie sollen unsere Bundes- und Landesverbände darauf reagieren?

Die Diskussion, wie unsere Schaf- und Ziegenzuchtverbände gegenüber Wolfsvorkommen Position beziehen sollen, ist unter Berufskollegen in vollem Gange: "Stoppt die Wölfe!", "Rettet unsere wehrlosen Tiere!", "Tretet der Wiedereinwanderung der grauen Räuber entgegen!" fordern Kollegen und lehnen jedes „Arrangement“, ja sogar jedes Gespräch mit Wolfsbefürwortern ab.
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Die Konsequenz aus dieser Meinung kann nur die Forderung nach Bejagung und wieder Ausrottung des Wolfes sein. Oder was sonst, ist aus den plakativen und unter Kollegen sicherlich populären Forderungen „Stoppt den Wolf“ oder „Bietet ihm Einhalt“ anderes abzuleiten? Damit wäre von Seiten unserer Verbände zu diesem Thema alles gesagt. Zu tun bleibt dann noch, die nicht-Schafe-haltende Öffentlichkeit von dieser Notwendigkeit zu überzeugen. Und bis uns dass gelungen ist, lassen wir die betroffenen Kollegen alleine? Nein, dass reicht als Aktivität der Verbände nicht aus! Ob es uns nun passt oder nicht, wir müssen die Realität, wie sie gegenwärtig ist, zur Kenntnis nehmen und dort ansetzen, wo Chancen bestehen, den betroffenen Kollegen möglichst unbürokratisch und schnell zu helfen, denn diese haben praktische Solidarität verdient. Bestandsaufnahme

Ursprünglich aus Polen über die Oder eingewandert, haben sich in Sachsen bereits feste Wolfs-Populationen gebildet. Die Wölfe sind von allein eingewandert. Ob im einen oder anderen Falle von „Naturschützern“ nachgeholfen wurde, ist dabei unerheblich.

Heute ist in Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern flächendeckend mit Wölfen zu rechnen. Einzeln ziehende Tiere werden immer wieder gesichtet. Diese suchen sich ihre Reviere selbst aus und bilden dann ein neues Rudel.

Gegenwärtig wird die Wiedereinwanderung des Wolfes – nicht nur von Naturschützern, sondern von einer breiten Öffentlichkeit – natürlich überwiegend aus den großen Städten, äußerst positiv begrüßt.

Gegenargumente und der Hinweis auf die Folgen der Wiedereinwanderung des Wolfes werden als naiv, dumm, übertrieben und lächerlich hinweggewischt. Die Chance, mit einem Tropfen roter Tinte den Bodensee rot einzufärben ist größer, als Wolfsbefürworter von Gefahren durch den Wolf zu überzeugen.

Die Gesetzeslage in der EU ist für uns hoffnungslos. Der Wolf ist streng geschützt; jedes EU-Land, welches diesen Status einseitig aufheben würde, begeht Vertragsbruch gegen entsprechende Abkommen mit Sanktionen als Folge. Weit und breit ist auf politischer Ebene nicht der kleinste Keim einer Gegenbewegung auszumachen. – in keiner Partei!

Demgegenüber stehen wir Schäfer mit 1 % der Wertschöpfung innerhalb der Landwirtschaft. Von den Mutterkuhhaltern werden wir gegenwärtig noch belächelt, weil diese auf die Wehrhaftigkeit ihrer Tiere setzen.

Wo können wir ansetzen?

Unsere Verbände stehen bei diesem Problem vor einer riesigen Aufgabe:

Unstrittig unter allen Fachleuten ist, dass die Schafhaltung in Deutschland die größten Probleme im Zusammenhang mit den Wölfen hat.

Unsere gesellschaftliche Leistung in der Landschaftsund Deichpflege und unser positives Erscheinungsbild im touristischen Bereich des ländlichen Raumes sind anerkannt und gewollt. Aus diesen beiden Punkten müssen wir klare Forderungen an die Gesellschaft und die Politik stellen, damit uns Berufsschäfern ein Weiterwirtschaften ermöglich wird:

  1. Unbürokratische Entschädigungszahlungen für alle entstandenen Verluste, die auf Wolfsangriffe zurückzuführen sind. Hierbei darf die Beweislast nicht dem Schäfer aufgebürdet werden. Folgeschäden wie Aborte, Fruchtbarkeitsstörungen und/oder andere Leistungsdepressionen müssen dabei berücksichtigt werden.
  2. Notwendige Investitionen, die in Folge eines Wolfsangriffes oder aus vorbeugender Sicht sinnvoll im Sinne der weiteren Bewirtschaftung des jeweiligen Betriebes sind, müssen dem Schäfereibetrieb zur Verfügung gestellt werden. Dies kann unter Umständen sehr erheblich Folgekosten, von z. B. verbesserten Elektrozäunen oder stationären Zaunanlagen bis hin zu Stallbauten bedeuten.
  3. Die Bezahlung der Landschafts- und Deichpflege muss deutlich aufgestockt werden, so dass unseren Betrieben eine personelle Ausstattung ermöglicht wird, die eine intensivere Bewachung und Kontrolle unserer Herden ermöglicht.
  4. Herdenschutzhunde treffen noch bei vielen Berufskollegen auf Vorbehalte. Natürlich sind sie kein Allheilmittel und können nur eine Schutzmaßnahme unter mehreren sein. Bisherige Erfahrungen in Sachsen, in Brandenburg und anderen Ländern zeigen aber unstrittig auf, dass der Einsatz von gut ausgebildeten Herdenschutzhunden einen guten Anteil zur Sicherung der Herden und Schadensverhütung oder Minimierung leisten kann. Übriges nicht nur gegenüber Wölfen, sondern auch gegenüber anderen Plagegeistern wie Kolkrabe, Fuchs usw. Dies beinhaltet aber noch eine Reihe von „Schularbeiten“: Welche Hunderassen sind unter dicht besiedelten Verhältnissen wie in Deutschland geeignet? Diese müssen züchterisch betreut werden, entsprechende Leistungs- und Prüfparameter müssen entwickelt werden. Die Ausbildung der Hunde wirft noch viele Fragen auf. Der ländliche und touristische Raum muss darauf vorbereitet werden, dass plötzlich ganz andere Hunde mit entsprechendem Gefährdungspotential bei den Schafherden anzutreffen sind. Dementsprechende Verhaltensleitlinien müssen erst noch durch eine fundierte Öffentlichkeitsarbeit Verbreitung finden.
  5. Eine ganz wichtige Frage betrifft die Haftung durch Folgeschäden, die durch Ausbruch einer Herde auf Grund einer Wolfsattacke auftreten können. Schafe auf Eisenbahngleisen, Autobahnen oder anderen Verkehrswegen bedeuten eine große Gefahr für Menschenleben. Bislang existiert hier keinerlei Versicherungsschutz! Liebe Berufskollegen, jeder von uns ist über diese Entwicklung mit Sorge und Entrüstung erfüllt – als hätten wir nicht schon genug Probleme zu bewältigen und die von mir aufgeworfenen Fragen und Handlungsfelder sind nicht einmal vollständig. Aber auch dieser Frage werden wir uns stellen müssen und es bedarf es eines geschlossenen Berufsstandes, um Erfolg zu haben.

Schäfermeister Jan Greve

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