Der Wolf ist ein gesellschaftliches Problem
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Die VDL hatte Pressevertreter zu einem Vor-Ort-Termin auf der Schafweide von Dirk Hoffmann in Märkisch-Wilmersdorf eingeladen, um über die prekäre Situation der Schafhalter zu informieren.
Dirk Hoffmann hatte 2016 den ersten Übergriff mit zwei toten Schafen auf seine damals noch 600 Mutterschafe starke Merino-Herde. Anfang 2017 folgte der zweite Übergriff mit zwei weiteren toten Schafen bevor es im Laufe des Jahres 2017 in einem Zeitraum von nur wenigen Wochen zu sechs Übergriffen mit fast 100 Opfern kam. 2018 dann der vorerst letzte Übergriff, bei dem 17 Schafe getötet wurden. Bei allen Vorfällen seien die Mindestanforderungen an den Zaun erfüllt. Für ihn sei das Maß jetzt voll, sagte Hoffmann, er höre zum Oktober dieses Jahres auf. Er schilderte bewegt, das Schlimmste seien noch nicht einmal die toten Schafe, sondern die vielen verletzten Tiere, die noch getötet werden müssten. Dieser Anblick sei nicht zu ertragen.
Unter Mindestlohn
Alfons Gimber, Vorsitzender der VDL, informierte die Pressevertreter über die Strukturen in Deutschland. So gebe es ca. 1,6 Mio. Schafe in Deutschland in Beständen über 20 Tiere. Die VDL als Spitzenverband der deutschen Schafzüchter und -halter vertrete die Interessen von etwa 190 000 Betrieben im gesamten Bundesgebiet, und zwar in allen Haltungsformen: Koppelschafhalter, Wanderschäfer sowie Deichschäfer. „Unsere Schäfer sind sieben Tage die Woche für ihre Tiere da und arbeiten sehr häufig unter Mindestlohn“, betonte Gimber. Ihm liege sehr am Herzen, dass die Arbeit in der Schäferei zukünftig wenigstens zu diesem Mindestniveau entlohnt werden könne.
Ingo Stoll, Schäfer aus Mecklenburg-Vorpommern und Sprecher der VDL-Abteilung Berufsschäfer, stellte in klaren Worten das katastrophal niedrige Einkommensniveau dar. Er betonte die unbedingte Notwendigkeit von mehr Forschung zu wirksamen Methoden des Herdenschutzes, zumal bisherige Systeme noch Fragen aufwerfen. Mit der reinen Finanzierung des Herdenschutzes sei das Problem noch lange nicht gelöst, sagte Stoll.
Welcher Artenschutz ist mehr wert?
Fakten und Zahlen zum Wolf gab Anette Wohlfarth, Vorsitzende des VDL-Arbeitskreises Beutegreifer: Über 70 Wolfsrudel gibt es aktuell in Deutschland, ca. 1000 Tiere mit steigender Tendenz, bisher ca. 1400 getötete Nutztiere, davon 85 % Schafe und Ziegen. Dies zeige die besondere Gefährdung der kleinen Wiederkäuer. Aus diesem Grund befasse sich der Arbeitskreis Beutegreifer intensiv mit den möglichen Herdenschutzmaßnahmen, sagte sie. Sowohl bei den Zäunen als auch bei den Herdenschutzhunden gebe es viele ungeklärte Fragen, und es gebe Gebiete in Deutschland wie die Deiche und die Alpen, in denen Herdenschutzmaßnahmen gar nicht umsetzbar seien. „Aus diesem Grund fordern wir Weidetierschutzzonen, in denen sich die Schafe aufhalten, die für den Wolf tabu sind!“, sagte Anette Wohlfarth. Ein zentraler Aspekt der Diskussion um den Wolf sei auch, welche Wertigkeit man dem Artenschutz und der Biodiversität durch die Schafe, und welche Wertigkeit man dem Artenschutz des Wolfes beimesse. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, wie wichtig die Schafhaltung für unsere Gesellschaft ist!“, so die Arbeitskreis-Vorsitzende.
Alle Referenten sprachen sich für mehr Förderung von Herdenschutzmaßnahmen aus und betonten, dass die momentan propagierten Schutzmaßnahmen wie Herdenschutzhunde und Einzäunungen nicht allumfassend greifen bzw. nicht flächendeckend möglich seien. In der Konsequenz würden immer mehr Schäfer und Schäferinnen ans Aufhören denken, zumal der Wolf nicht die einzig Schwierigkeit ist, mit denen sie zu kämpfen haben.
Presse interessiert
Die Vertreter der Presse - TV-Sender, Tageszeitung und Fachzeitschriften - zeigten sich sehr interessiert und nutzten den Termin im Anschluss an die Pressekonferenz für zahlreiche Einzelinterviews mit den Sprechern und Schäfern.
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