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Herdenschutz

Empfehlungen für bundeseinheitliche Standards

Ein Bündnis aus elf Verbänden verständigte sich am 12. Juni 2019 in Berlin auf gemeinsame Standards im Herdenschutz. Dabei übten sie starke Kritik an dem durch das Bundeslandwirtschaftsministerium geförderten „förderalen Wirrwarr“, dass zu Lasten der Wölfe, aber auch der Weidetiere ginge.
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Pressekonferenz des Verbändebündnisses am 13.6.2019 in Berlin.
Pressekonferenz des Verbändebündnisses am 13.6.2019 in Berlin.Anja Nährig
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Das Bündnis, das aus Organisationen der Landwirtschaft und Nutztierhaltung, des Natur- und Tierschutzes sowie der Jagd besteht, hat gemeinsame Empfehlungen für einen bundeseinheitlichen Herdenschutz und Kriterien zur Tötung von auffälligen Wölfen vorgelegt.

Ein unübersichtlicher Flickenteppich aus Empfehlungen zur Umsetzung und Förderung das Herdenschutz in Deutschland führe oftmals zu praktischer und rechtlicher Unsicherheit. Zudem fehlten klare Regelungen für die rechtlich bereits mögliche Tötung von einzelnen Wölfen, die empfohlenen Herdenschutz überwinden und Nutztiere angreifen.

Ein konfliktarmes Zusammenleben mit dem Wolf setze deutschlandweite, flächendeckende Herdenschutzmaßnahmen voraus. Weder die technische Umsetzung, noch die Förderung seien jedoch derzeit in einem bundeseinheitlichen Rahmen geregelt. Deshalb lege das Verbändebündnis jetzt Vorschläge für bundeseinheitliche Standards vor.

Hinter den Empfehlungen steht ein breites Bündnis aus dem Bundesverband Berufsschäfer (BVBS), der Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Deutschen Tierschutzbund, der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe, dem International Fund for Animal Welfare, dem Naturschutzbund Deutschland (NABU), dem Ökologischen Jagdverband, der Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland, dem Verein für Arbeitende Herdenschutzhunde und dem WWF Deutschland.

Forderungen des Bündnisses

  • In potenziellen Wolfsgebieten müsse bereits vor der Ansiedlung des ersten Wolfes mit dem Aufbau von Herdenschutz begonnen und Gebiete mit nachgewiesener Wolfspräsenz zügig im Sinne der entsprechenden Förderrichtlinien als solche ausgewiesen werden. In beiden Punkten besteht dringender Nachbesserungsbedarf in den Bundesländern.
     
  • Der wolfsbedingte Mehraufwand aus Sach- und Personalkosten für die empfohlenen Herdenschutzmaßnahmen sollte zu 100% über staatliche Beihilfen finanziert werden, insbesondere auch, da die europarechtlichen Hürden im Beihilferecht mittlerweile ausgeräumt sind. Diese Beihilfen sollten an alle betroffenen Tierhalter gezahlt werden, unabhängig von ihrem Erwerbsstatus oder der Herdengröße.
     
  • Ein kostendeckender Schadensausgleich für die Folgen von Übergriffen auf Nutztiere in Regionen mit nachgewiesener Wolfspräsenz sollte durch die Länder gezahlt werden, wenn ein Betrieb den empfohlenen Standardschutz umgesetzt hat und ein Wolf als Verursacher nicht ausgeschlossen ist. In anderen Gebieten sollten Ausgleichsleistungen dann gezahlt werden, wenn ein Wolf als Verursacher wahrscheinlich ist.
     
  • Die Entnahme von Wölfen ist immer eine Einzelfallentscheidung und ersetzt nicht die Notwendigkeit für flächendeckende Herdenschutzmaßnahmen. Sofern ein Wolf wiederholt ordnungsgemäß ausgeführte Herdenschutzmaßnahmen nach den empfohlenen Standards (s. Anhang) überwindet und Nutztiere angreift, kann es notwendig sein, dass die jeweils zuständige Landesbehörde nach der rechtlich notwendigen Prüfung des Einzelfalls eine Ausnahmegenehmigung für seine Tötung erteilt, um weitere Schäden zu verhindern.

    Der zu entnehmende Wolf muss hinreichend eindeutig identifiziert sein oder während des Angriffs auf die geschützten Weidetiere gestellt werden. Entnahmen sollten von behördlich bestellten Fachpersonen ausgeführt werden. Eine Entnahme ist im Einzelfall angemessen nach mindestens:
    • einer Überwindung einer Maßnahme des Standardschutzes gefolgt von einer weiteren Überwindung einer Maßnahme des erhöhten Schutzes, oder
    • einer Überwindung einer Maßnahme des erhöhten Schutzes, oder
    • einem Angriff während der aktiven Behirtung einer Herde, beispielsweise durch Hütehaltung.

Der Nabu als Mitbegründer des Bündnisses erklärte, die Europäische Kommission habe inzwischen die Möglichkeiten für eine umfassende Förderung des Herdenschutzes geschaffen. Jetzt müssten Bund und Länder dringend handeln. Über flächenbezogene Zuschläge zu bereits bestehenden Agarumweltmaßnahmen könnten beispielsweise Unterhaltskosten ausgeglichen werden.

Ausgleichsleistungen für Tierverluste sollten aus Sicht des Bündnisses dann greifen, wenn Maßnahmen zum Standardschutz umgesetzt wurden, beispielsweise bodenschabschließende Elektronetze mit einer Höhe von 90 cm für Schafe und Ziegen. Eine Möglichkeit zur Erhöhung sei die Aufstockung auf 120 cm durch den Einsatz von Flatterband.

Überwindet ein Wolf einen solch erhöhten Schutz, um Nutztiere anzugreifen, sollte er von einer Fachperson geschossen werden, sofern die zuständige Landesbehörde dies genehmigt. In dem Verbändepapier heißt es hierzu, das betreffende Tier müsse hinreichend identifiziert sein. Bestenfalls werde es direkt bei einem Folgeübergriff auf eine geschützte Herde gestellt.

Dazu meinen:

Hanno Pilartz, Zweiter Vorsitzender der Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer: „Herdenschutzmaßnahmen sollten zu 100 % über staatliche Beihilfen finanziert werden. Diese Beihilfen sollten an alle betroffenen Tierhalter gezahlt werden, unabhängig von ihrem Erwerbsstatus oder der Herdengröße.“

Dr. Diana Pretzell, Leiterin Biodiversitätspolitik beim WWF Deutschland: „Die Schäfereien und der Erhalt der Artenvielfalt sind untrennbar miteinander verbunden. Mit der geplanten Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes wird dieses Ziel jedoch nicht erreicht. Damit werden die Konflikte um die Rückkehr des Wolfes nicht gelöst, sondern nur noch weiter verschärft.“

Knut Kucznik, Erster Vorsitzender der AG Herdenschutzhunde: „Der Umgang mit den großen Beutegreifern und effektiver Herdenschutz müssen hierzulande erst wieder erlernt werden. Dafür leisten wir einen entsprechenden Beitrag.“

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