Nicht warten, bis die Biotopkapazität überschritten ist
Um die Wiederansiedlung des Wolfes doch noch auf einen erfolgreichen Weg zu bringen, muss nach Ansicht der Weidetierhalter Deutschland (WNoN) schnell gehandelt werden, um die Weidetierhaltung für den Natur- und Landschaftsschutz zu erhalten. Gedanken zur Regulierung des Wolfes dürfen nach Ansicht der Interessengruppe Weidetierhalter Deutschland nicht erst entwickelt werden, wenn die Biotopkapazität überschritten ist.
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Seit Beginn der Wiederausbreitung des Wolfes aus seinem osteuropäischen Vorkommen zuerst nach Sachsen und inzwischen bis an Nordsee und Rhein, stehen sich die Euphorie einiger Naturschutzverbände und die zunehmende Betroffenheit der Weidetierhalter unversöhnlich gegenüber. Versuchen die Einen, die zwingend zu erwartenden Probleme weiter zu verleugnen, ist bei den Anderen die gesunde Skepsis in den Weidetiergebieten vielfach Entsetzen und Existenzangst gewichen. Die Halter leiden mit ihren Tieren, und die Lernfähigkeit der Wölfe beim Überwinden jeglichen Herdenschutzes macht sie fassungslos.
Tierschützer blenden das Leid gerissener oder schwerstverletzter Weidetiere konsequent aus oder versuchen, den Tierhalter als Verursacher der Leiden zu brandmarken. Sie verfolgen ausschließlich ihr Ziel, dem Wolf die unbegrenzte Ausbreitung in unserer Kulturlandschaft zu ermöglichen. Das belegte Populationswachstum von 36 % pro Jahr macht das Erreichen der vom Bundesmat für Naturschutz (BfN) 2009 propagierten Biotopkapazität von 441 Wolfsrudeln in Deutschland absehbar. Im Herbst 2018 lebten alleine in Deutschland ca. 1.400 Wölfe.
Günstiger Erhaltungszustand ist erreicht
Ungeachtet irgendwelcher Abgrenzungen der Bestände in Teilpopulationen ist der nach Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) geforderte „günstige Erhaltungszustand“ des Wolfes in Mitteleuropa erreicht, will man denn den Regeln der Richtlinie und den Erkenntnissen der Wissenschaft folgen. Als Folge der Vermehrung breitet sich der Wolf immer weiter in die traditionellen Weidetiergebiete Deutschlands aus. Entsprechend steigen die Nutztierschäden deutlich stärker als der Wolfsbestand. Vorhersagen selbsternannter Experten haben sich durchgängig als falsch erwiesen, egal ob es sich um Bestandszunahme, Menschenscheu, Nahrungsauswahl oder Weidetierschutz durch Zäune und Herdenschutzhunde handelt.
Um die Wiederansiedlung des Wolfes doch noch auf einen erfolgreichen Weg zu bringen, muss schnell gehandelt werden. Es gilt, die Weidetierhaltung als essenzielles Element des Natur- und Landschaftsschutzes zu erhalten. Sie zu gefährden oder gar opfern zu wollen, widerspräche allen Regeln des Artenschutzes. Bestehende Ziele des Naturschutzes können und dürfen nicht dem Wolf geopfert werden.
Die Interessengruppe Weidetierhalter Deutschland setzt sich hierfür ein:
- Ihr Ziel ist die erträgliche Balance zwischen der Wiedereingliederung des Wolfes und dem Erhalt der Weidetierhaltung. Im Vordergrund stehen dabei die Sicherung der Deiche, die Erhaltung der Kulturlandschaft, des Grünlandes und der davon abhängigen Artenvielfalt.
- Gedanken zur Regulierung des Wolfes dürfen nicht erst entwickelt werden, wenn die Biotopkapazität überschritten ist. Dem Beispiel Frankreich folgend, sollte ein Maximalbestand festgelegt werden (in Frankreich 500 Wölfe im Jahr 2023). Das Populationswachstum wird dort bereits heute durch eine Abschussquote gebremst.
- Dieser Weg, ebenso wie die Durchführung von Schutzjagden zur Schadensminimierung in Schweden, wird in Deutschland durch gesetzliche Regelungen, welche eklatant vom Sinn und Inhalt der FFH-RL abweichen, verhindert.
- Zur Beseitigung dieser politisch-rechtlichen Mängel sind durch die politische Ebene folgende Hausaufgaben zu erledigen:
- Angleichung des §45(7) BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz, Ausnahmen vom Schutz strenggeschützter Arten) an den Art 16(1) FFH-RL im Wortlaut.
- Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes (FCS, engl. favorable conservation status) des Wolfes nach den Kernsätzen der FFH-RL unter strikter Beachtung des wissenschaftlichen Populationsbegriffes.
- Festlegung eines Mindestbestandes der Art in Deutschland zur Sicherung des FCS.
- Aufnahme des Wolfes in das Bundesjagdgesetz (ohne reguläre Jagdzeit solange dieser für Deutschland im Anhang IV der FFH-RL gelistet ist).
- Als letzter Schritt für Deutschland: Überführung des Wolfes in Anhang V der FFH-RL.
Bestandsregulierung
Vor dem Erreichen der einzelnen Zwischenschritte ist bereits heute damit zu beginnen, mit praktikabler Anwendung der Ausnahmegründe des § 45(7) BNatSchG dort durch Entnahmen in den Bestand einzugreifen, wo einzelne Wölfe oder ganze Rudel im Weidetierbestand zu Schaden gehen oder durch mangelnde Scheu das normale Landleben beeinträchtigen. Dabei ist die Festlegung von Maßnahmen auf einzelne Individuen ersatzlos zu streichen, weil außer bei territorialen Einzeltieren die Bestimmung eines Individuums vor einem Abschuss praktisch nicht möglich ist. Entscheidungsgrundlage muss hier ein bestimmtes (wiederholtes) Verhalten in einem umgrenzten Gebiet sein.
Tritt man in die absehbare Phase einer Regulierung des Bestandes ein, sind dabei warnende Beispiele zu anderen Regionen bezüglich des Wolfes und anderen Arten (Schwarzwild) hier in Deutschland zu beachten. In ihrer Populationsdynamik ausufernde Wildtierbestände sind mit tierschutzgerechten Mitteln nur schwer in den Griff zu bekommen. Erinnert sei an die Wolfsbekämpfung mit Hubschraubern in Sibirien und Diskussionen um Saufänge und Nachtsichttechnik bei Wildschweinen in Deutschland
Wollte man den Wolfsbestand des Herbstes 2018 von ca. 1.400 als Maximum definieren, hätte man davon schon im Laufe dieses Winters ca. 450 Tiere schießen müssen. Bei Nichttätigkeit der Politik entwickeln sich die damit notwendigen Abschusszahlen für eine jeweilige Beibehaltung des Zielbestandes wie folgt:
- 2019 bei einer dann Gesamtpopulation von ca. 1.900 Wölfen sind es jährlich ca. 630 Tiere.
- 2020 bei einer dann Gesamtpopulation von ca. 2.500 Wölfen sind es jährlich ca. 830 Tiere.
- 2021 bei einer dann Gesamtpopulation von ca. 3.350 Wölfen sind es jährlich ca. 1.100 Tiere.
- 2022 bei einer dann Gesamtpopulation von ca. 4.400 Wölfen sind es jährlich ca. 1.450 Tiere.
Diese Zahlen sind konservativ gerechnet und zeigen die Brisanz des Problems. Je später eine solche Maßnahme einsetzt, umso radikaler werden die notwendigen Maßnahmen sein, um die erforderliche Wirkung zu erzielen. Wenn für eine bis gestern streng geschützte Art ab morgen der Abschuss einer drei oder gar vierstelligen Anzahl angeordnet werden muss, stehen die Reaktionen in der öffentlichen Wahrnehmung fest: Wolfs-Blutbad oder Massaker, egal wie, es wird unerträglich sowohl für die politisch Verantwortlichen wie auch für diejenigen, die diese Maßnahmen durchführen müssen. Dabei steht fest, dass jegliches Abwarten das Problem nur vergrößern kann.
Nur eine möglichst rasche Änderung der Deutschen Wolfspolitik kann ermöglichen, dass der Wolfsbestand auf eine Größenordnung begrenzt wird, die zu unserer Kulturlandschaft mit ihrer Bevölkerungsdichte passt und dabei dem Schutz aller Arten gerecht wird. Ganz eng damit verbunden ist der Erhalt der Weidewirtschaft und der damit verbundene Grünlanderhalt und Artenschutz. Der Wolf kann und soll in unserem Land leben, wenn wir als Gesellschaft bereit sind, ihn zu kontrollieren.
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