Wolf wird zur Existenzbedrohung für Weidehalter
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Eine Verdopplung der von Wölfen gerissenen Weidetiere binnen Jahresfrist befürchtet der Landesbauernverband Brandenburg. Während 2015 in dem Bundesland insgesamt 97 von Wölfen angefallene Tiere erfasst worden seien, belaufe sich die Zahl der registrierten Risse in diesem Jahr bisher bereits auf 174. Hintergrund sei ein jährlicher Anstieg der Wolfspopulation in Brandenburg um 30 %. Verbandspräsident Henrik Wendorff bekräftigte vor diesem Hintergrund seine Forderungen an die Landesregierung nach vollständiger Kostenübernahme für den Schutz der Tiere und die Begleichung aller wolfsbedingten Schäden. Zudem bedürfe es klarer, unbürokratischer und rechtssicherer Regelungen für den Umgang mit verhaltensauffälligen Wölfen. „Wenn nur jeder zweite an die Landesverwaltung gemeldete Schadensfall überhaupt entschädigt wird und dann auch nur zu 80 % des Wertes, entzieht man uns Tierhaltern langsam aber sicher die Existenzgrundlage“, warnte der Verbandspräsident. Positiv wertet Wendorff die von Brandenburgs Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger angekündigten Maßnahmen zum besseren Schutz der Weidetiere. Unter anderem wolle der Minister im kommenden Jahr das Budget für Entschädigungszahlungen aufstocken und den aktuellen Wolfsmanagementplan evaluieren lassen. Wendorff bekräftigte die Gesprächsbereitschaft des Berufsstands. Voraussetzung sei aber, dass sich der Dialog an Fakten orientiere und mit allen Betroffenen geführt werde.
Grenze der Belastbarkeit
Unterdessen wächst auch in Niedersachsen die Kritik am gegenwärtigen Umgang der Politik mit dem Wolf. „Die Halter von Weidetieren wie Schafen, Rindern oder Damwild sehen sich an der Grenze der Belastbarkeit“, erklärte das Landvolk Niedersachsen. Immer höhere Zäune und andere Herdenschutzmaßnahmen zur Abwehr des Raubtieres Wolf machten aus ursprünglich offenen Weidelandschaften Zug um Zug Hochsicherheitstrakte, könnten aber keinen wirksamen Schutz gegen weitere Angriffe bieten. Man wolle den Wolf nicht großflächig bejagen oder ausrotten, sondern auffällig gewordene Tiere abwehren und auch abschießen dürfen, zitierte das Landvolk den Deichschäfer Jörk Hehmsoth. In einem Gespräch mit Umweltminister Stephan Wenzel am vergangenen Donnerstag (8.12.) in Visselhövede hätten Schafhalter und Vertreter der Deichverbände Zweifel an den vorgelegten Zahlen zu Wolfsrissen angemeldet. Viele kleinere Schafhalter meldeten getötete Tiere nicht mehr und würden sich stattdessen „still und leise aus der Schafhaltung zurückziehen, ohne in der Statistik aufzutauchen“. Das Wolfsmanagement beschränke sich auf finanzielle Billigkeitsleistungen, lasse aber die Tierhalter mit ihren Ängsten und Nöten allein.
Einzäunung unrealistisch
Gefragt ist nach Ansicht des Landesvolkverbandes stattdessen ein „echtes Management“, das den Tierhaltern eine wirksame Abwehr auffälliger Wölfe erlaubt. Dazu zähle der gezielte Abschuss einzelner Tiere ebenso wie die Vergrämung auffälliger Einzeltiere, um die Weidetiere in der offenen Weidelandschaft Nordwestniedersachsens effektiver schützen zu können. Derzeit genieße der Schutz des Wolfes einen weitaus höheren Stellenwert als der von Schafen und anderen Weidetieren, beklagte der Landvolkverband. Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) unterstützt die Forderungen nach wirksameren Schritten zum Schutz der Weidetiere; sie rief zu offeneren Gesprächen auf. Es führe kein Weg an einer „tabufreien Debatte“ vorbei, wie die Weidehaltung durch eine „sachgerechte Gestaltung des Jagdrechts“ aufrechterhalten werden könne, erklärte der AbL-Landesvorsitzende Ottmar Ilchmann. Die Einzäunung ganzer Betriebe und Regionen sei dagegen „total unrealistisch“.
Wolf ins Jagdrecht aufnehmen
Die sofortige Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht verlangte in der vergangenen Woche der Landesverband Brandenburg der Familienbetriebe Land und Forst. Auf diese Weise könnten bei ganzjähriger Unterschutzstellung sogenannte „Problemwölfe“ von örtlichen Jägern geschossen werden, heißt es in einem Positionspapier des Verbandes. Darin wird die Landesregierung in Potsdam zudem aufgefordert, bei der Bundesregierung auf eine Veränderung des Schutzstatus vom Wolf hinzuwirken. Solange jedoch der Schutzstatus bestehe, müsse die Landesregierung einen gesetzlichen Schadenersatzanspruch für alle durch den Wolf direkt oder indirekt verursachten Schäden schaffen. Brandenburgs Landwirtschaftsminister Vogelsänger hatte vorletzte Woche im Umweltausschuss des Landtages klargestellt, dass solche Wölfe geschossen werden dürften, die jede Furcht vor Menschen verloren hätten und sich nicht durch Spezialzäune an Viehweiden abschrecken ließen. Wichtig sei aber eine konkrete Einzelfallprüfung in den Landkreisen, die im Wolfsmanagementplan vorgesehen sei. Laut Vogelsänger ist ein absoluter Schutz vor Wölfen nicht möglich. Ein konfliktfreies Zusammenleben mit den Tieren werde es nicht geben.
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