Aktuelles Interview mit Dr. Peter Heimberg zum Krankheitsverlauf
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Hierzu wurde Dr. Peter Heimberg befragt, Leiter des Tiergesundheitsdienstes (TGD) NRW, in dessen Gebiet die Schmallenberg-Virusinfektion zuerst festgestellt wurde.
Bei welchen Tieren wurde die neue Virusinfektion zuerst festgestellt und welche Schlussfolgerungen haben Sie damals schon nach dem Auftreten der ersten Fälle angestellt?
Dr. Heimberg: Wir haben mit Hilfe des Friedrich-Löffler- Institutes (FLI) und des Veterinäruntersuchungsamtes Arnsberg diese neue Infektion bei Rindern im Sauerland (Schmallenberg) und am Niederrhein festgestellt. Auf Grund der Verwandtschaft dieses neuen Virus mit dem bekannten Akabane- Virus konnten wir damals schon vermuten, dass Schafe bzw. Ziegen bald auch mit den jetzt bekannten Missbildungen bei den Lämmern betroffen sein könnten. So kam es dann auch: Der erste Virusnachweis beim Rind gelang am 15. November 2011 und der erste Nachweis bei einem missgebildeten Lamm erst vier Wochen später am 15. Dezember 2011.
Gibt es berechtigte Sorgen der Rinderhalter, dass Schafe oder Ziegen das Virus auf Rinder übertragen, wenn diese Tiere Weideflächen der Rinder beweiden?
Dr. Heimberg: Das Virus wird durch Vektoren, d.h. Insekten, übertragen und es gibt keine Hinweise, dass eine Übertragung durch Ausscheidungen wie Kot oder Harn der Mutterschafe erfolgen kann. Das entspricht auch den Erkenntnissen, die man vom verwandten Akabane-Virus hat.
Gibt es entscheidende Unterschiede hinsichtlich Empfänglichkeit und Krankheitserscheinungen zwischen Schaf, Ziege und Rind?
Dr. Heimberg: Bei Milchkühen steht der Milchrückgang im Vordergrund der Krankheitserscheinungen, und bei den Mutterschafen ist es die Schadwirkung auf die Frucht, die zu den problematischen Missbildungen führt. Wobei Ziegen etwas weniger empfindlich zu sein scheinen als die Mutterschafe. Auch hier gibt es wieder Ähnlichkeiten mit dem Akabane-Virus, bei dem ebenfalls vergleichbare Krankheitsbilder beschrieben werden.
Liegen schon Erkenntnisse vor, die einen Hinweis auf einen ausreichenden Immunschutz nach der Infektion bei den Mutterschafen geben können?
Dr. Heimberg: In betroffenen Schafbeständen wurden um Neujahr bei ungefähr ¼ der geborenen Lämmer Missbildungen festgestellt. Jetzt, Ende Februar, sehen wir noch bei ungefähr 10 % der Lämmer einer Herde Missbildungen. Das könnte darauf hindeuten, dass sich im Laufe des Herbstes langsam eine gewisse Feldimmunität aufgebaut hat. Durch weitere Daten müssen diese Beobachtungen aber untermauert werden. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, dass die betroffenen Schaf- und Ziegenhalter ihre Krankheitsfälle melden und nicht verschweigen.
Welche Insekten übertragen das Virus und wie können Tierhalter möglicherweise ihre Tiere schützen?
Dr. Heimberg: Welche Insekten das Virus übertragen, ist noch nicht endgültig geklärt, aber man geht davon, dass es nicht nur Gnitzen wie bei der Blauzungenkrankheit sind, sondern wahrscheinlich kommen noch weitere Arten in Frage. Untersuchungen hierzu laufen. Zum Schutz der Tiere können nur die zugelassenen Medikamente (Repellentien) eingesetzt werden. Eine Behandlung macht aber nur Sinn, wenn tatsächlich die Insekten aktiv sind. Das ist z. Z. noch nicht der Fall.
Welche Empfehlungen können Sie den Schaf- und Ziegenhaltern geben?
Dr. Heimberg: Eine sorgfältige Geburtsüberwachung ist unbedingt nötig, um Schäden bei den Muttertieren zu vermeiden und bzw. ihnen vorzubeugen. Werden Schwierigkeiten bei den Geburten gesehen, sollte ein Tierarzt hinzu gezogen werden, der eventuell einen Kaiserschnitt vornimmt. Die Gefahr der Infektion des Menschen (Zoonose) mit dem Schmallenberg-Virus besteht nach Einschätzung der europäischen Gesundheits-Behörde (CDC) nicht. Dieser Einschätzung liegen Erkenntnisse mit anderen Viren aus der Ortho- Bunya-Viren Gruppe zu Grunde.
Das Interview mit Dr. Heimberg führte unser Autor Dr. Johannes Winkelmann, Kiel.
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