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Projekt „Herdenschutz Niedersachsen“

Weidetierhalter widersprechen NABU: Herdenschutz gescheitert

Der Förderverein der Deutschen Schafhaltung (FDS) widerspricht dem Naturschutzbund (NABU) aufs Entschiedenste. Der NABU hatte zum Abschluss seines auf dreieinhalb Jahre angelegten Projekts „Herdenschutz Niedersachsen“ eine positive Bilanz gezogen. Davon kann nach Ansicht der Schäfer keine Rede sein. Im Gegenteil: Es gebe eine dramatische Entwicklung mit immer mehr Wolfsübergriffen und toten Weidetieren.
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FDS
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„In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der Wolfsübergriffe von 43 auf 240 und die der getöteten oder schwerstverletzt-eingeschläferten Weidetieren von 123 auf 861 gestiegen“, erläutert Wendelin Schmücker, FDS-Vorsitzender. „Letzteres entspricht einer Zunahme um 500 Prozent – und das trotz intensivster Bemühungen um den Herdenschutz. Diese Zahlen machen deutlich, dass die Utopie eines friedlichen Zusammenlebens von Wolf, Mensch sowie Weide- und Nutztieren gescheitert ist.“ Es habe sich bestätigt, dass letztlich weder hohe Zäune noch Herdenschutzhunde auf Dauer helfen.

Der NABU hatte sich anlässlich eines Symposiums am 25. September 2020 in Schneverdingen damit gebrüstet, in 5500 Ehrenamtsstunden 82 km neue „wolfsabweisende“ Zäune errichtet zu haben. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) wertet das NABU-Projekt zudem als gelungenes Beispiel dafür, wie die Symbiose zwischen Naturschutz und Weidetierhaltung gelingen kann. Herdenschutz sei der richtige Weg, um die berechtigten Interessen verschiedener Akteure miteinander zu versöhnen.

Der FDS fordert, das Wolfs- und Herdenschutz-Experiment umgehend zu beenden, die Schutzstellung aufzuheben und das Raubtier endlich zu bejagen. In Deutschland jedoch hätten sich mit der Wolfslobby unverantwortliche Kräfte durchgesetzt, die unter dem Deckmantel des Artenschutzes der Weide- und Landwirtschaft einerseits und dem Natur- und Artenschutz andererseits schwersten Schaden zufügen: „Einzigartige seltene Restbestände von besonderen Schafsrassen sind von der Ausrottung durch Wölfe bedroht. Zwei Herden von Muffelwild sind bereits ausgelöscht. Streng geschützte Bodenbrüter wie Feldlerche, Kiebitz und Kranich leiden ebenfalls. Die Politik muss endlich handeln und die selbsternannten Artenschützer in die Schranken weisen“, so der Appell von Wendelin Schmücker.

Im Folgenden die Pressemitteilung des NABU zu der genannten Veranstaltung:

 

Wolf/Herdenschutz: NABU-Projekt "Herdenschutz Niedersachsen" - Resümee nach 3,5 Jahren erfolgreicher Arbeit

Nach 3 ½ Jahren endet nun die Förderung des NABU-Projektes „Herdenschutz Niedersachsen“ durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung (NBU). Zeit, Resümee zu ziehen - von Erfahrungen und Erkenntnissen zu berichten sowie Empfehlungen für einen wirkungsvollen wolfsabweisenden Schutz von Weidetieren zu geben.

 

Als Gast der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz im Camp Reinsehlen veranstaltete der NABU Niedersachsen am 25. September 2020 ein Symposium, in dem von den Erfahrungen und Erkenntnissen der Projektaktivitäten berichtet und das Geleistete vorgestellt wurde.

 

Nach der Begrüßung durch Susanne Eilers (Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz), folgten zunächst Grußworte von Hans-Jörg Schrader (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz), Dr. Volker Wachendörfer (DBU) und Karsten Behr (NBU).

 

Der Landesvorsitzende des NABU Niedersachsen, Dr. Holger Buschmann, würdigte vor allem den herausragenden Einsatz der Aktiven, die über 5.500 Stunden ehrenamtlicher Arbeit im Projektzeitraum beim Bau wolfsabweisender Zäune als praktische Unterstützung von Weidetierhaltern*innen aufgewendet haben. Dr. Buschmann: „So wird die Weidetierhaltung sowie die Natur- und Landschaftspflege nachhaltig unterstützt und zukunftsfähig aufgestellt.“ DBU-Experte Wachendörfer ergänzte: "Das NABU-Projekt ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie die wichtige Symbiose zwischen Naturschutz und Weidetierhaltung gelingen kann. Vor allem: Es ist der richtige Weg, um die berechtigten Interessen verschiedener Akteure miteinander zu versöhnen." Die finanziellen Fördermöglichkeiten des Landes Niedersachsen werden durch das NABU-Projekt und seinem geschaffenen professionellen Beratungsangebot, den helfenden Händen NABU-Aktiver im Gelände sowie wertvoller Netzwerkarbeit ergänzt und unterstützt. Durch die Freiwilligenarbeit zusammen mit Tierhaltern*innen werden nicht nur Weidetiere vor Wolfsübergriffen geschützt, sondern es entsteht gegenseitiger Respekt und Verständnis zwischen den Beteiligten. Die Umsetzung von wirkungsvollen Herdenschutzmaßnahmen bewirkt direkte Informations- und Anschauungsmöglichkeiten vor Ort, was oftmals zur Umsetzung weiterer Maßnahmen in der Region führt. So kann der Herdenschutz schrittweise flächendeckend umgesetzt werden. „Damit trägt der NABU wesentlich dazu bei, Akzeptanz für die Anwesenheit von Wölfen und darüber hinaus noch viel mehr, nämlich eine persönliche Verbindung zwischen Weidetierhaltung und Naturschutz zu schaffen“, so Dr. Buschmann weiter.

 

NABU-Projektleiter Peter Schütte erklärte: „Konkret bedeutet die Anwesenheit von Wölfen für Weidetierhalter*innen höhere Kosten, z. B. für wolfsabweisende Zäunungen, die Anschaffung von Herdenschutzhunden oder erforderlich gewordene Betriebsumstellungen sowie einen Mehraufwand an Arbeitsleistung. An diesen Stellen können wir ansetzen, um Wissen zu schaffen und anfallende Kosten minimieren.“ Im Rahmen des Projekts wurden so über 130 Weidetierhalter*innen vor Ort zur Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen beraten. Dabei handelte es sich bei etwa der Hälfte um Schaf-/Ziegenhaltungen, einem Viertel Rinder-, einem Fünftel Pferde- und zwei Gatterwildhaltungen. Bei insgesamt 50 Tierhaltungen wurden fast 100 Weideflächen wolfsabweisend fest eingezäunt. „Das sind ca. 530 Hektar und 82 Kilometer neue Zäune, die alte marode, nicht wolfsabweisende Zäunungen ersetzt haben – und zwar vom Nordseedeich bis zum Harz!“, rechnet Schütte vor. Durch vom Projekt empfohlene Elektrozäune wird die Hütesicherheit für Weidetiere deutlich verbessert und Wolf und Wildschwein bleiben außerhalb der Weiden. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass Kleintiere und Rehwild die von uns favorisierten fünfreihigen Elektro-Festzäune queren“, nimmt Schütte Befürchtungen einer Zerschneidung der Landschaft den Wind aus den Segeln. Mit einer Beteiligung an über 70 Veranstaltungen wird deutlich, dass ein wichtiger Teil des NABU-Projektes „Herdenschutz Niedersachsen“ auch dem Wissenstransfer der gewonnenen Erfahrungen aus der Praxis gewidmet ist.

 

Im weiteren Verlauf des Vormittags referierte Dr. Torsten Richter von der Universität Hildesheim über seine Untersuchungen zur Akzeptanzsteigerung für das Zusammenleben mit Wölfen durch die Einbindung Ehrenamtlicher in die Unterstützung von Weidetierhaltern*innen. Elke Steinbach von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen stellte die einzelnen Bereiche des seit Anfang des Jahres ihrem Haus neu übertragenen Aufgabenfeldes Herdenschutz vor.

 

Am Nachmittag berichtete Nicole Benning (Verein für arbeitende Herdenschutzhunde) über den Einsatz von Herdenschutzhunden. „Wir setzen die Hunde seit Jahren in allen unseren Schafsherden mitten in Wolfsgebieten ein. Nachgewiesenermaßen meiden Wölfe unsere Herden. Probleme mit Anwohnern oder Spaziergängern, wie von einigen nahe Siedlungen oder in touristisch genutzten Gebieten der Lüneburger Heide und des Hamburger Moorgürtels befürchtet, haben wir kaum“, berichtete Benning.

 

Im Anschluss wurden mehrere wolfsabweisende Zaunarten präsentiert. Als dauerhafte Anschauungsmöglichkeit wurden im Camp Reinsehlen ein für Schaf- und Rinderweiden geeigneter „fünfreihiger Glattdrahtzaun“ und eine Festzaunlösung für Pferdehaltungen installiert. Auch mobile Varianten wie der „Litzenzaun“ wurden vorgestellt und zusätzlich Hinweise zu Tricks und Tücken beim Aufbau von Elektronetzen gegeben. „Der Schlüssel für eine wolfsabweisende Wirkung ist die korrekte Elektrifizierung und Erdung“, erklärte Sven Zwirner, Weidezaunexperte der Fa. Patura, „wir stellen immer wieder fest, dass es in diesem Bereich große Defizite gibt“. Ferner sei die Einhaltung der entsprechenden Abstände der elektrischen Leiter bei Fest- und Litzenzäunen zueinander und vor allem zum Boden wichtig. Da Wölfe in der Regel Hindernisse untergraben, darf der Abstand des untersten elektrischen Leiters zum Boden 20 Zentimeter nicht überschreiten.

 

Zum Abschluss des Tages hält Peter Schütte fest, dass „jede Weidefläche individuell nach verschiedenen Gesichtspunkten wie z. B. Tiergattung, Betriebsabläufen, Gelände oder sonstiger Einschränkungen betrachtet werden muss“. Deswegen sei eine einzelbetriebliche Vor-Ort-Beratung unabdingbar. „Wir möchten unsere Aktivitäten fortführen können. Das Umweltministerium hat eine zukünftige Förderung heute zugesagt, das freut uns sehr“, ergänzt Dr. Buschmann.

 

Der NABU ist mit rund 120.000 Mitgliedern der größte Umweltverband in Niedersachsen und verfügt über ein großes Netzwerk ehrenamtlicher Mitarbeiter in diesem Flächenland.


 

1 Kommentare
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  • User_MTUzODg4Nw 04.10.2020 10:46
    Der einzig wolfssichere Zaun ist 2 m hoch und in den Boden eingelassen. Wölfe sind intelligente Tiere und können die Schwachstellen herkömmlicher Zaunsysteme ausnutzen. In dem Artikel von Frau Kerstin Nebel fehlt in dem Foto vom Weidezaun mit Flatterband die Erdung am Eckpfosten: Sinn des geerdeten Flatterbands ist, beim Durchspringen einen Stromfluss zwischen Netz und Band zu erzeugen. Das Weidezaungerät müsste gerade dann einen Stromfluss als Impuls senden und nicht erst 2 Sekunden später. Deshalb ist das Prinzip nicht 100% wolfsicher. Die obere Litze/Band müsste über einem Trigger das Weidezaungerät zu einem sofortigen Puls veranlassen. Die Frage ist, wie hoch können Wölfe physisch springen ? Irgendwann lernen sie es und geben es an ihre Nachkommen weiter. 1,2 m sicher, 1,5m mit Anlauf und wenig Eigengewicht.
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