VDL-Vorsitzender Alfons Gimber bei Angela Merkel
Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hatte vor dem Hintergrund der Diskussion über die zukünftige Ausrichtung der Landwirtschaft in Deutschland kurzfristig für den 2. Dezember 2019 zu einem Landwirtschaftsdialog nach Berlin eingeladen. Seitens der Bundesregierung nahm neben der Bundeskanzlerin auch Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, teil.
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Eingeladen waren 40 Verbände, unter anderem die Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL). Der VDL-Vorsitzende Alfons Gimber nutzte die Gelegenheit, seine Anliegen zu äußern. Er ging auf die Forderungen zur Ausgestaltung der Agrarreform und hier die notwendige stärkere Berücksichtigung der Anliegen der Schaf- und Ziegenhaltung ebenso ein wie auf das Thema Wolf bzw. Herdenschutz. Hier erinnert er unter anderem an die Koalitionsvereinbarung, die inhaltlich noch nicht abgearbeitet sei. Wichtig sei es grundsätzlich, gerade für die nächste Generation verlässliche Rahmenbedingungen für den Einstieg in den Schäferberuf zu schaffen.
Die Bundeskanzlerin machte gemeinsam mit Bundesministerin Julia Klöckner deutlich, dass der Bundesregierung eine funktionierende Landwirtschaft sehr wichtig sei. Dies beinhalte auch, dass Geld für die Familien in der Landwirtschaft verdient werden müsse. Sie habe großes Interesse, die Dinge mit der Landwirtschaft und nicht gegen sie zu entwickeln.
Dialog soll fortgesetzt werden
Merkel sagte bei diesem ersten Landwirtschaftsdialog zu, diesen im Herbst 2020 fortzusetzen und bis dahin erste Ergebnisse mit der betroffenen Landwirtschaft zu erreichen. Ferner sagte sie zu, einen runden Tisch zum Aktionsprogramm Insektenschutz vorzusehen, ein nationales Dialogforum und eine Wertschätzungskampagne für Landwirtschaft und Lebensmittel zu schaffen. Einig war man sich abschließend, eine Zukunftskommission zu bilden, die unter anderem formuliert, wie die Zukunft der Landwirtschaft und das Miteinander mit der Gesellschaft gelingen kann. Einen Vorschlag hierzu möge der Deutsche Bauernverband gemeinsam mit dem Organisator der Demonstration „Land schafft Verbindung“ vor wenigen Tagen in Berlin bis Februar 2020 erarbeiten.
Guter Auftakt für Dialoprozess
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sieht den Landwirtschaftsgipfel im Bundeskanzleramt als Beginn einer Reihe von Gesprächen über die Zukunft der Landwirtschaft. „Es ist ein guter Auftakt für einen notwendigen Dialog, den wir jetzt intensivieren und fortsetzen müssen.“ Konkret bedeute das, dass das Aktionsprogramm Insektenschutz neu diskutiert werden und der kooperative Naturschutz klaren Vorrang vor pauschalen Verboten erhalten müsse. „Bei der Düngeverordnung wissen wir, dass da nicht mehr viel Handlungsspielraum ist. Wichtig ist jedoch eine stärkere Binnendifferenzierung bei den Messstellen und eine Evaluierung der Maßnahmen“, so Rukwied. Weiter werde ein breiter Dialogprozess zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft auf den Weg gebracht. Hier sein direkter Wortlaut.
Bundesministerin Julia Klöckner: „Wir wollen, dass Landwirtschaft in Deutschland eine gute Zukunft hat. Damit die vielen hoch motivierten jungen Menschen in den Landwirtschaftsschulen oder Agrar-Universitäten sich auch noch in zwanzig oder fünfzig Jahren für die Arbeit auf dem Feld und im Stall begeistern können. Wir sollten uns ehrlich über notwendige Veränderungen austauschen. Gleichzeitig müssen wir aber auch darüber diskutieren, wie die Gesellschaft die Leistungen der Landwirtschaft besser honorieren kann. Damit Landwirtschaft und Gesellschaft respektvoll und wertschätzend miteinander umgehen. Die Bundesregierung wird die Branche bei den anstehenden Veränderungen unterstützen. Der in der vergangenen Woche verabschiedete Rekordhaushalt ist dafür ein deutliches Zeichen.“ Hier ihr direkter Wortlaut (nur über Twitter).
Folgende Gesprächsergebnisse wurden festgehalten:
- Einrichtung einer ‚Zukunftskommission Landwirtschaft‘, die unter Einbindung von Praktikern, Wissenschaftlern und gesellschaftlichen Akteuren, praxistaugliche Wege für eine produktive und ressourcenschonende Landwirtschaft aufzeigen wird. Der Deutsche Bauernverband und das Aktionsbündnis „Land schafft Verbindung“ sollen in Gespräche mit den vielen unterschiedlichen Interessenvertretungen derkonventionellen und ökologischen Landwirtschaft um ein Verhandlungsmandat für die gesamte landwirtschaftliche Branche werben.
- Im Herbst 2020 wird es ein weiteres Treffen der heutigen Runde im Bundeskanzleramt geben, um bis dahin erreichte Ergebnisse und Fortschritte sowie weiteren Handlungsbedarf zu besprechen.
- Es wird ein Treffen der Bundeskanzlerin und Bundesministerin Julia Klöckner mit dem Handel im Bundeskanzleramt geben: Lebensmittel zu Tiefstpreisen haben Auswirkungen auf die Bauernfamilien und die Wertschätzung. Wenn etwa Fleisch zu Centpreisen und als Lockangebot beworben werde, sind viele nicht mehr bereit, mehr zu bezahlen. Mehr Tierwohl aber kostet auch mehr Geld.
- Start eines nationalen Dialogforums zur Landwirtschaft durch das Bundesministerium sowie einer Informationskampagne zur besseren gegenseitigen Wertschätzung. In landesweit stattfindenden Veranstaltungen soll ein Beitrag zur Aufklärung und für Verständnis über die wichtige Arbeit der Landwirte geleistet werden. Die Veranstaltungen werden mit der Grünen Woche im Januar beginnen und an verschiedenen Orten in Deutschland stattfinden.
- Zum Umbau der Tierhaltung muss die Finanzierungsfrage beantwortet werden. Dazu erarbeitet eine Kommission unter Leitung des früheren Bundeslandwirtschaftsministers Jochen Borchert im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums Vorschläge. Die Ergebnisse werden in der ersten Jahreshälfte 2020 vorgestellt.
- Das BMEL wird noch dieses Jahr eine Ackerbaustrategie vorlegen, die Lösungswege für bestehende Zielkonflikte zwischen Ertragssicherung und Umwelt- und Klimaschutz aufzeigt.
- Landwirtschaftsministerium und Umweltministerium werden gemeinsam zu einem Runden Tisch „Landwirtschaft und Insektenschutz“ einladen – die Bauernschaft wird bei den weiteren Schritten wirkungsvoll beteiligt.
- Eins-zu-eins-Umsetzung der UTP-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken, Stärkung der landwirtschaftliche Erzeuger und Lieferanten gegenüber dem Handel.
- Auf funktionierende Umweltprogramme soll aufgebaut werden. Kooperationsmodelle wie in den Niederlanden oder die Ausweitung der nachhaltigen FRANZ-Projekte werden geprüft. Ebenso Konzepte, die die Branche vorlegt, um Insekten- und Biodiversitätsschutz und Landbewirtschaftung weiter zu verzahnen.
- Rechtliche Hindernisse für mehr Tierwohl werden angegangen (Baugesetzbuch, TA Luft).
- Die Ratifizierung des Mercosur-Abkommens durch alle Mitgliedstaaten der EU soll wesentlich davon abhängen, dass alle Parteien sich im Geiste des Abkommens verhalten. Die verbindlichen Regeln zu Arbeit, Umwelt und Klima müssen erkennbar eingehalten werden.
- Zugehen auf die Kultusministerkonferenz – Schulbücher und Lehrmaterialien sollten die Realität der Landwirtschaft abbilden.
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